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Die Besetzung der auf Vorrat gebauten Läufer hatte manche Schattenseiten. Nicht immer konnte kapitalkräftiger Zuzug gefunden werden. Oder der Anziehende fand nicht genug Nahrung; zweifelhafte Elemente drängten sich herzu. Die Bettelei war 1736 zur Plage geworden.
Um diese Zeit wurde auch die Zunftreform Friedrich Wilhelms I. in Potsdam eingeführt. Auf sein Betreiben war 1731 ein Reichsinnungsgesetz zustande gekommen, das die schwersten Mißbräuche verknöcherter Zunftwirtschaft beseitigte. Von 1732 ab wurde es in Preußen durchgeführt. Die Privilegien der einzelnen Lokal-Innungen wurden nach Generalprivilegien und Güldebriefen, die dem neuen Gesetz angepaßt waren, umgearbeitet und erhielten innerhalb jedes Gewerks gleichen Wortlaut. In Potsdam wurden von 1735 an die neuen Güldebriefe verliehen. Viele alte Förmlichkeiten und engherzige Zunftsitten und Unfitten, besonders die Gesellenladen mit dem Boykott der Meister, fielen fort. Die Einführung der Kundschaft (des Abzug-attestes für die Gesellen) und das Verbot des Wanderns in fremde Lande unterstellten das Landwerk schärferer staatlicher Aufsicht. Im Interesse des aufblühenden Fabrikwesens blieb dem Staat die Ansetzung unzünftiger Freimeister Vorbehalten, deren Konflikte mit zünftigen Meistern auch in Potsdam (z. B. zwischen Tuchfabrikanten und Färbern) nicht ausblieben.
Noch 1792 war es zweifelhaft, ob der Sattelfabrikant Gleisberger die Tischler- und Schlosserarbeiten an den Sattelgestellen selbst oder nur durch die Tischler- und Schlofferinnung machen durfte.
Im April 1738 konnte der König endlich auch das dritte Bataillon seines Leibregiments von Brandenburg nach Potsdam übersiedeln lassen. Er mochte wohl