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Nach siebenjähriger Lehrzeit mußten die Mädchen — und zwar mit Erlaubnis des Königs — noch zwei Jahre „zu ihrer Vervollkommnung" in der Fabrik bleiben, wofür Ephraim je 1 Taler und 6 Groschen „Pacht" monatlich zahlte. Später wird die Pacht für 230 Mädchen auf 900 Taler (1783) und 4200 Taler (1789) festgesetzt. Die Sittlichkeit der Mädchen war zudem bedenklich gefährdet.
Für die Industrialisierungspolitik des Königs und für die Taschen der Entrepreneurs war die Ausnutzung der Waisenkinder ein glänzender Erfolg. Fünfzig Jahre lang versorgte das Potsdamer Waisenhaus die Preußischen Lande mit Spitzen und Blonden, für die ebenfalls ein Monopol mit Einfuhrverbot gegeben wurde. Aber das Waisenhaus hatte den größten Schaden. Nicht nur daß seine reichen Einkünfte, zu denen unter andern die der Ämter Bornstedt und Grube, des Alaunwerkes bei Freienwalde, des Berliner Lagerhauses, des Lombards, der Berliner Intelligenzblätter (mit Anzeigenzwang für die Kurmark), die Rekrutengelder der Juden, gehörten, für den Unterhalt der Kinder aufgebraucht wurden, sondern vor allem hatten die Kinder selbst am meisten zu leiden. Von ausgiebigem Elementar-Unterricht konnte, namentlich bei den Mädchen, keine Rede sein. Und die sitzende Lebensweise mußte für Kinder, die sich im Freien hätten tummeln sollen, die größten Gesundheitsschädigungen zur Folge haben. Die typischen Waisenhaus-Krankheiten jener Zeit: Skropheln, Krätze, Skorbut, Augenentzündung (Scharbock), Beinfraß und Auszehrung waren denn auch an der Tagesordnung. Die Lazarette waren überfüllt (1777: 4—500 Kranke von 2000 Köpfen). Die Sterblichkeitlbst war von 3 % (1725) auf 15 % gestiegen. Se