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Geschichte der Stadt Potsdam / unter Mitwirkung von ... hrsg. von Julius Haeckel
Entstehung
Seite
92
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Potsdamer Fabrikanten die Übersiedelung nach Berlin, auch der besseren Fabrikation wegen, für vorteilhafter halten. Der König, der die Seidensachen meist selbst be­arbeitet, hält sie durch Zwangsmaßregeln zurück, um zur Förderung von Potsdam die Zentralisaton der Industrie zu verhindem, die sich in Berlin infolge der dürftigen Verkehrsverhältnisse vollzog. Er richtete auch 1771 nach Berliner Muster eine Manufaktur-Kommission zur besseren Ordnung des Seiden- und übrigen Fabrikwesens ein. Unter dem commisssrius loci überwachte ein praktisch ge­bildeter Ratmann als Fabrikeninspektor mit einem amt­lichen Schaumeister und einem angesehenen Fabrikanten den Betrieb. Die Seidenmanufaktar war, wie in Lyon, eine zunftmäßig geordnete Lausindustrie. Meister, die 1 bis 4 Stühle nur mit Gesellen und Lehrlingen betreiben durften, arbeiteten für kaufmännische Verleger (entre- preneurs), von denen sie freilich durch Hergabe von Ge­räten, Rohmaterial, Vorschüssen und Wohnung mehr und mehr zu Lohnarbeitern herabgedrückt wurden.

Außer an der durch hohe Einfuhr-Zölle (bis 25°/g) und Einfuhrverbote geschützten Versorgung des Inlandes (durch die Potsdamer Sammetmanufaktur wurde z. B. die blühende Hamburger Sammetindustrie stark geschädigt) nahm auch Potsdam an dem Vertriebe von Seidenwaren ins Ausland teil, besonders an der Ausfuhr von Sammet nach Rußland und Polen über Königsberg und Breslau. Der Durchgang der billigeren französischen Seidenwaren konnte aber nicht gehindert werden, ebensowenig wie die Kontrebande, wegen deren der König besonders die Potsdamer Juden in starkem Verdacht hatte.

Nachdem Potsdam den infolge der unsicheren fran­zösischen Verhältnisse eingetretenen großen Aufschwung