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gemeinschaftliche Aufführungen, welche, soweit sie Oratorien und Messen betrafen, meist in der katholischen Kirche aus dem Gewehrfabrikhofe stattfanden, deren kahler Fachwerkbau eine wundervolle Akustik besaß. Unter lebhafter Anteilnahme der Potsdamer Bevölkerung gaben beide Vereine: Grauns Tod Jesu, Schichts Ende des Gerechten, Beethovens drei Hymnen, Fr. Schneiders Weltgericht, Beethovens Christus am Oelberg, I. Laydns die letzten 7 Worte und eine Anzahl Messen verschiedener Meister. Ein anderes Lokal, welches die Musikvereine jener Zeit für ihre Aufführungen benutzten, war der Schilpsche Saal, Waisenstraße 50, jetzt Cafe Bismarck; später wurde es der Konzertsaal des Kgl. Schauspielhauses.
Der Leiter des Seminars, v. Klöden, war ein tüchtiger Sänger und großer Musikfreund. Er unterstützte mit den Lehrern und Zöglingen des Seminars die Musikaufführungen beider Vereine und rechtfertigte dies dadurch, daß Musik und Gesang wesentliche Lehrgegenstände der Seminaristen seien, welche dadurch gute Gelegenheit fänden, beides zu üben. — Von ganz besonderer Bedeutung für das Potsdamer Musikleben wurde der 3. Lehrer des Seminars Joh. Christ. Schärtlich. Herr v. Türk hatte ihn in dem Soldatenkinder-Erziehungs- institut zu Annaburg kennen gelernt und seine Berufung nach Potsdam veranlaßt. Er unterrichtete im Gesang, Orgelspiel und Generalbaß, Schreiben und Rechnen. Mit großem Fleiße bildete er sich als Organist weiter und wirkte als Mitglieds der beiden Musikvereine. In den zwanziger Jahren gründete er ein Lehrinstitut für Musik, die musikalische Akademie, aus welcher eine Reihe bedeutender Musiker Deutschlands und des Auslandes hervorging.