tiägt. Ist nicht der Roland auch hier wieder ein Symbol? Etwa in der Art daß der Richter und Rechtshuter, der Strenge mit Güte und Humor zu paaren weiß, der weiseste ist?
Die abgebauten oberen Teile wurden sorgfältig überprüft und alle Schäden wurden ausgebesserl. Der gesprungene Nacken erhielt eine Klammer, und die Nase wurde neu befestigt. Den stehengebliebenen Sockel mit der unte- len Hälfte der Figur zogen dann nach ein paar Tagen die um den Kandelaber gespannten Flaschenzüge langsam aber sicher von dem bisherigen Stand und von der gefahrbringenden Straße hinweg. Gut dirigiert landete der gezogene Teil auf dem neuen Fundament. Viele Zuschauer wohnten, wie auch an den Tagen zuvor, dieser Arbeit und dem Umzuge des Roland bei. Neuere und längere Dübel waren eingesetzt, besonders für das Haupt. So konnte dann nach gelungener Operation alles wieder ordnungsgemäß zusammengebaut werden, und nach Verlauf einer guten Woche konnten die Bürger der Stadt ihren getreuen Eckart, befreit von Gerüst und Nasenbandage, wieder in alter Stattlichkeit und Schönheit und als alten Vertrauten begrüßen. Besonders die Verantwortlichen atmeten auf, daß alles so gut gegangen war.
Die ganze Geschichte um den Roland hatte, wie schon gesagt,- viel Wellen gemacht. Auch der Volkswitz war zur Stelle. Während man vor der Versetzung besorgt war, daß der Roland eines Nachts auf einen der vorbeirollenden Interzonenlastzüge fallen und dann unbemerkt nach Hamburg entführt werden könnte, war man nach seiner Vorwärtsbewegung stolz darauf, daß nun auch der älteste Bürger der Stadt bewiesen hatte, daß er ein fortschrittlicher Mann war. Die Wellen um ihn schlugen aber auch über die Stadtmauern hinaus. Sie gingen sogar bis über den Atlantik. Es landeten in unserer Stadt ein paar Zeitungsnotizen über das Geschehen um den Perleberger Roland aus großen Blättern jenseits des Ozeans. Die Wellen gingen aber auch, wie das eben bei allen „großen“ Ereignissen so ist, in die Schulstuben und in die Aufsatzhefte, ln einem dieser Aufsätze schrieb ein Schüler unseres Kreises den schönen Satz: „An dem Roland in Perleberg geht viel Verkehr vorbei, darum wurde er verrückt.“
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Der Roland von Perleberg steht nunmehr wieder festgegründet und festgefügt. Er waltet nach diesen Tagen der Unruhe wieder sicher und unbeirrbar seines Wächteramtes. Mögen die Menschen fernerhin Respekt und Achtung vor diesem Symbol haben! Mögen sie ihn nicht leichtfertig oder böswillig beschädigen oder beunruhigen! Möge vor allem die hier unbewußt zerstörende Jugend für ihre Kletterlust andere Objekte suchen! Ein hand-
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