Heft 
(1955) 2
Seite
39
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heran, ein tapferer und wackerer Knecht nach dem andern bricht zu­sammen. Ein alter Knecht, ergraut von Arbeit und Kampf für seinen Herrn, schaut über die weite Niederung, sieht die breite Elbe, erblickt den weiten See und denkt an die vergangenen Jahre, an sein hartes, ent­behrungsvolles Leben. Da, ein schwirrender Bolzen, ein letztes Aufstöhnen, ein Leben erlischt.

Das weckt den Burgherrn aus seinem Sinnen. Er steigt hinunter, ruft seine Knechte zusammen, schwingt sich auf das Roß, läßt das Eichentor öffnen und führt seine Knechte zum letzten blutigen Kampf. Im dichten Gewühl zieht sich der Kampf bis in die Wälder und Schluchten der Schwartauer Berge. Nur noch wenige seiner Knechte folgen ihm. Tod oder verwundet liegen die Tapferen, für die Interessen, das Wohl des Ritters gefallen, auf dem blutigen Wiesenteppich. In der Schlucht zweier Berge, umringt von gepanzerten Rittern, ein hoffnungsloser Endkampf. Erschöpft, durch die Ringe blutend, sinkt vom wuchtigen Schwertstreich getroffen, der letzte Burgherr Cumlosens vom Pferde herunter. Die Burg aber wird von züngelnden Flammen erfaßt, und als die Sonne im Westen versinkt, bricht mit großem Getöse die stolze Feste zusammen.

Unser Ritter jedoch findet nicht die ersehnte Ruhe. Schwer waren seine Untaten. Er war hart gegen seine Untertanen. Er hatte geplündert und gebrandschatzt bei den Wehrlosen. Noch heute in stürmischer Nacht, zu mitternächtiger Stunde, vermag hin und wieder der Ritter ohne Kopf auf seinem Schimmel in den dunklen Kiefernwäldern der Schwartauer Berge den einsamen Wanderer zu erschrecken.

Die Cumlosener Burg ist verschwunden. Der Ritter ist tot, doch alte Sagen und Geschichten bleiben erhalten und pflanzen sich fort von Generation zu Generation. Sie machen uns die Vergangenheit lebendig.

WILLI WESTERMANN