Unsere heimische Vogelwelt
in der Umgebung Karstädts
Als ich vor etwas mehr als zwanzig Jahren aus einem primitiven Lande, ja, ich kann wohl sagen, aus einem der primitivsten Länder der Erde überhaupt, wo ich mich hauptsächlich zwecks Beobachtung unserer Zugvögel aufhielt, nach jahrelanger Abwesenheit nach Deutschland, meiner Heimat, zurückkehrte, war ich, gelinde ausgedrückt, doch ein wenig erstaunt, wenn nicht gerade ein wenig enttäuscht über die Naivität und Interessenlosig- keit, welche man unserer heimischen Vogelwelt entgegenbrachte. Und das schließlich in dem Lande eines Naumann, Brehm und von den neueren Forschern Dr. Heinroth, Dr. Kleinschmidt und Karl Neunzig.
Man hörte häufig Klagen über den Rückgang unserer Vogelwelt und glaubte im allgemeinen darin die Ursache zu sehen, daß sich der eine oder andere Vogelfreund einige Vögel hielt; sei es nun zu Zuchtversuchen oder anderen wissenschaftlichen Studien. Ich glaube wohl sagen zu können, das Fehlen dieser verhältnismäßig wenigen, hier in Frage kommenden Stücke (größtenteils Männchen) taten unserer Vogelwelt keinen Abbruch. Die Abnahme einzelner unserer einheimischen Vogelarten hat meines Erachtens einen ganz anderen Grund.
Schon das Roden der sogenannten Knicks und das allzu späte Abbrennen der Grasnarben an den Böschungen der Feldwege, welches oft noch im Mai geschah, nahm von vornherein ganz besonders dem Bodenbrüter und solchen Vögeln, die im niedrigen Gebüsch brüten, die Gelegenheit zu ihrer Vermehrung.
Dann sind es die herumstreichenden, verwilderten Katzen, welche eine wahre Geißel unserer Vogelwelt werden. Man glaubt gar nicht, was so ein herumstrolchender Mausejäger besonders unseren Bodenbrütern, wie Lerchen- und Peperarten, und ebenfalls den im niedrigen Gestrüpp brütenden Grasmückenarten gerade durch das leichtere Hinwegfangen des Brutvogels (Weibchen), welche in der freien Natur meist in der Minderheit gegenüber den Männchen sind, für einen Abbruch tut. Auch das Abholzen aller hohlen Bäume beeinträchtigt unsere Höhlenbrüter, besonders Meisen, in ihrer Brutbetätigung. Letzteres kann aber durch Anbringen passender Nistkästen an geeigneten Orten recht gut wieder ausgeglichen werden.
Nun zu unserer Vogelwelt in der Umgebung Karstädts, welche immerhin als bedeutend artenreicher und bei vielen Arten auch als reicher an Individuen bezeichnet werden kann, als mancher weniger mit der Natur Vertraute annehmen dürfte. Wer sich nun mit der Biologie unserer heimischen
48