Heft 
(1955) 2
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Vogelarten näher beschäftigen möchte, wähle hierzu zuerst einmal das zeitige Frühjahr oder auch die Wintermonate; die Vogelwelt ist um diese Zeit am ärmsten in ihrer Artenzahl, da ja auch im zeitigen Frühjahr erst wenige Vogelarten aus ihren Winterquartieren zurückgekehrt und noch nicht im vollen Gesang sind, so daß man beim Studieren der Vogel­stimmen als Anfänger nicht irre wird. Man muß als Ornithologe nicht nur sehen, sondern auch hören, um die einzelnen Arten evtl, am Gesang und Lockton erkennen zu können, was oft noch für den erfahrenen Beobachter recht schwierig ist, da es unter den Vögeln eine nicht geringe Anzahl. Imita­toren, sogenannte Spötter, gibt. Als Tageszeit eignen sich hierzu, besonders in der vorgeschrittenen Jahreszeit, die frühen Morgenstunden, dann auch die Zeit vom Spätnachmittag bis kurz nach Sonnenuntergang. Zur Mittags­zeit ist in den Vögeln weniger Bewegung; viele Arten sind dann kaum aufzuflnden, da sie sich besonders in den Sommermonaten, je nach Art, in den schattigen Baumkronen oder im dichteren Gebüsch aufhalten. Zur Exkursion trage man möglichst wenig auffallende Kleidung. Der Ornitho­loge ist nun einmal ein Waldgänger und Buschklepper, dem es auf einige Strapazen mehr oder weniger nicht ankommen darf. Ebenfalls nehme man eine wasserdichte, alte Plane mit, um sie auf der Erde ausbreiten zu können, damit man gegen die Bodenkühle und Feuchtigkeit einigermaßen geschützt ist. Ein guter Feldstecher ist angebracht und erleichtert die Be­obachtung scheuer Vögel ungemein. Man gehe auf solchen wissenschaftlich ernst gemeinten Exkursionen allein; Begleitung ist nur hinderlich. Vor allen Dingen nehme man auf solchen Gängen keinen Hund mit, auch der beste vierbeinige Freund wirkt störend. Von etwa Mitte Mai ab und den Monat Juni hindurch sei man möglichst vor Tagesanbruch (2 Uhr) zur Stelle, setze sich so, daß man die aufgehende Sonne möglichst im Rücken hat. Viele Vögel, besonders Regenpfeiferarten, sehen das von der Sonne angestrahlte, weiße menschliche Gesicht bereits aus ziemlicher Entfernung. Mit einer gehörigen Portion Geduld sei man gewappnet.

Hier bei Karstadt sind es nun im zeitigen Frühjahr zuerst die Löcknitz- wiesen, welche in manchen Jahren an Reichhaltigkeit der Zug- und Durchzugsvögel ihresgleichen suchen. Die Beobachtung ist allerdings in Wiesen und Koppeln schwieriger, da man hier oft nicht genügend Deckung findet.

Unser altbekannter Kiebitz ist in recht erheblicher Anzahl vertreten; klagend streicht er meist niedrig über den Boden hinweg, um verschiedenes Gewürm zu erspähen. Er ist alljährlich Brutvogel in den angrenzenden Viehkoppeln, wo der Boden weniger feucht ist. Weiter ist es, in allerdings wenigen Exemplaren, der große Brachvogel (Numenius phaeopus), welcher

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