Heft 
(1955) 2
Seite
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In Südarabien (Jemen) fiel er mir sofort auf, da er midi durch sein Wesen an die alte Heimat erinnerte. Von dem hier in einem Paar an den Feld­wegen im Steinhaufen brütenden Steinschmätzern (Saxicola oenanthe) gilt etwa das gleiche. Seine Stimmittel sind noch geringer, er ebenfalls singt in seiner Winterherberge (Jemen), bleibt auch häufig in einigen Exemplaren (jedenfalls nur Männchen) dort; brütet dort aber nicht, son­dern die in Südarabien brütenden Steinschmätzer gehören zu einer anderen Art (Saxicola deserta).

Dompfaffen brüten seit einigen Jahren im nahen Gehölz, anscheinend nur in wenigen Paaren. Im Winter durchstreifen sie in größeren Trupps die Umgebung und nehmen von Jahr zu Jahr an Menge zu. Unsere Himmels­stürmerin, die Feldlerche, erfreut sich des sonnigen Frühlingswetters und trillert fleißig ihr bekanntes Lied. Haubenlerchen sieht man auf der nahen Chaussee trippeln; eigentlich keine von jeher einheimischen Vögel, früher beheimatet in den Steppen Osteuropas, sind sie vor etwa 150 Jahren durch das aus dem damaligen Rußland zurückflutende Napoleonische Heer mit nach Westen verschleppt worden und haben sich ihrem neuen Biotop trefflich angepaßt. In manchen Gegenden heißen sie daher auch heute noch Franzosenvögel. In den Kastanienalleen haben Stieglitze und Grün­finken ihren passenden Lebensraum gefunden. Die dichtbelaubten Zweige werden ihre Nachkommenschaft vor den spähenden Augen gefiederter Räuber schützen. Fortsetzung folgt Der Schrei am Königsgrab

Der fast schon volle Mond schien vom wolkenlosen Himmel auf den baum­bestandenen Hügel des Königsgrabes von Seddin in der Prignitz, und einige seiner Strahlen trafen den Eingang des Zeltes, das drei Jungen hier auf- geschlagen hatten, spielten über die blanken Lenker ihrer Fahrräder, die dort am Stamme einer Eiche lehnten, oder huschten über den dunkel­gähnenden Eingang zur einstigen Königsgruft.

Während Jürgen und Otto drinnen im Zelt nach langer Fahrt in tiefem Schlafe lagen, saß Günter mit untergeschlagenen Beinen in der Zeltöffnung und wachte. An einem derben Haselstecken schnitzend, wanderte er in seinen Gedanken zurück in jene geheimnisträchtige Vorzeit, in der eines der vielen germanischen Völker hier auf diesem sanften Hügel über dem grünen Tal der Stepenitz ihren toten Fürsten ins Grab gesenkt hatte, ln einen dreifachen Sarg sollte ihn sein Volk gebettet haben, in einen gol-

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