ritterzeit zum Opfer fiel. Dahinter erblicken wir wieder das malerische Siadtbild von Perleberg. Drüben liegt die Wehrkirche von Uenze, und noch manch anderes Zeichen der Heimat grüßt zu uns herüber.
Dem letzten Ziel unserer Kammwanderung streben wir zu. Unter einer breitwuchtigen alten „Wrucktanne“ schreiten wir hindurch. Der Boden scheint hier gehaltvoller zu sein. Ein paar knorrige Eichen stehen als Seltenheit auf dem hohen Rücken der Sand- und Kiesanhäufungen. Unter ihren breitausladenden Zweigen, hart am Absturz des Berges entlangführend, ist ein weicher, grasbewachsener Steig, fast wie der Rennsteig im Thüringer Wald anmutend. Aber das Glück währt nicht lange. Abholzungen, Abraum, Erdaufschüttungen zeigen an, daß der Mensch auch hier wieder am Werke ist. Und als wir endlich an dem wohl schönsten Punkt unserer ganzen Bergwanderung stehen, da sind wir doch recht betrübt. Wohl liegt unter uns und vor uns eine Landschaft so reizvoll, wie sie lieblicher nicht in Thüringen sein kann, wohl sehen wir da unten die Stepnitz mit ihren buschbestandenen Ufern, wie sie sich durch die Wiesen und Koppeln schlängelt, wohl freuen wir uns, wie aus den Schornsteinen des von der Abendsonne beschienenen Dörfchens Lübzow der Rauch steil emporsteigt, wohl grüßen uns die Ackerbreiten hinter dem Dörflein und die jungfrischen, grünen Saatfelder, wohl leuchtet der Kahlhang des Weißen Berges zu uns herüber und läßt die Fortsetzung der Höhenzüge unserer Prignitzer Alpen ahnen mit dem 125 Meter hohen Kronsberg als unserm obeliskbekrönten „Mont Blanc“ und dem Trappenberg als der Aussichtsplattform mit mächtigem Turmbau und den Scharfenbergen als der Kampfstätte blutigen Ringens im 30jährigen Krieg — wohl ist das alles noch da t Aber der Blick dahin wohl nicht mehr lange! Wer ihn noch einfangen will, muß sich beeilen. Menschenhand greift jetzt auch hier in den Berg hinein und nähert sich im rapiden Abbau dem Gipfel. Die im Bau befindlichen Anlagen deuten auf eine geplante weitere gründliche und ungehemmte industrielle Abtragung dieses bisher noch unangetastet gewesenen Teiles unserer schönen Perleberger Höhen. Vor Jahren schon wurde von den zuständigen staatlichen Stellen in Erwägung gezogen, dieses markante und charakteristische Prignitzer Heimatgebiet in seiner Gesamtheit unter Landschaftsschutz zu stellen. Es wird wohl jetzt Zeit, das zu verwirklichen. Für die berechtigten Bedürfnisse des Bauens und der Industrie werden sich Wege finden lassen, die nicht zur völligen Verunstaltung und Vernichtung. unserer heimatlichen Landschaftsmerkmale führen.
Wir steigen die neuangelgte, auch dem Abbau dienende „Schurre“ hinunter. Das breite Stepnitztal nimmt uns auf. Die neue Brücke lädt zum
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