Da brausten die Märzstürme des Jahres 1848 durch die deutschen Lande, kündeten den Frühling einer neuen Ordnung, erfüllten unser Volk mit großen Hoffnungen, forderten demokratische Rechte und eine unteilbare Deutsche Republik. In Berlin griff das Volk zu den Waffen, pflanzte auf die Berliner Barrikaden die Fahne der Freiheit. 183 junge Arbeiter und Handwerker opferten ihr Leben; der König „versprach“ dem Volke die seit 1813—15 langersehnten demokratischen Grundrechte.
Für unsere Elbbrücke stockte naturgemäß die Fortführung; denn alle Transportmittel, Eisenbahnen, Kanäle, Wege und Brücken sollte der geforderte demokratische Staat in seine Hand nehmen. Schade! — Diese Maßnahme hätte von der ökonomischen Basis aus die Einheit der Nation gestärkt, dem spekulativen Unternehmertum harte Grenzen gesetzt. Die Bürgerliche Revolution schwand durch eigene Unzulänglichkeit. Die Epoche des Kapitalismus 1848—1945 begann. Der Stand der Papiere und des Geldmarktes erwiesen sich für die Profitgier derart ungünstig, daß viele „Geldgeber“ aus nichtigen Gründen ihre Zahlungsverbindlichkeiten zurückzogen und es auf „verlorene“ Prozesse ankommen ließen — und man mußte sparen. Ein vierter Entwurf kam zustande. Er war endgültig. Nun entstanden 5 Brückenbogen der rechtseitigen Rüdeflutmöglichkeit als Stepenitzbrücke, 2 Drehbrückenöffnungen, 12 Bogen der linksseitigen Flutbrücke, 14 Öffnungen für den Strom. Auf die massiven Pfeiler setzten Ingenieure einen Holzbau, der 500 000 Taler ersparte und die Bauzeit verkürzte. Schnell näherte sich durch die Altmark der Eisenbahnbau der Elbe. Das Jahr 1850 war das Jahr der führenden Rolle des Arbeiters. 4000 Arbeiter schafften an Brücke und Deich bis Hinzdorf. Für 14 Tage wurde eine Lohnabrechnung von 20 000 bis 23 000 Talern notwendig. Die Brücke kostete allein 1 180 774 Taler, mit allen Nebenarbeiten 1 581 840 Taler.
Wir erkennen heute, daß unsere Elbbrücke bestimmt ein Sorgenkind für die privaten Unternehmer gewesen ist. Sie ist auch ein Sorgenkind für die Reisenden gewesen. Wie mögen sie aufgeatmet haben, wenn der Zug, der nur im denkbar langsamsten Tempo den hölzernen Oberbau passieren durfte, die Brücke gesund verlassen hatte. Heute herrscht Verkehrssicherheit. Präzisionsmessungen des Geodätischen Dienstes unserer DDR für das „arg belastete Kind“ Elbbrücke im Juni 1955 überwachen ihre gesunden funktionalen Mitschwingungen im Sauseschritt unserer Zeit.
Sie war auch ein Sorgenkind für die leitenden Ingenieure. Bei dem Bau der fünf Strompfeiler traf man auf „leichten, schwimmenden“ Sand, so daß teure Pfahlroste notwendig waren. O Tücke des Objektes! Eine im Strombett liegende Eiche verlangte nicht nur zwei, sondern vier Spundwände zur Abdichtung und zum wirksamen Schutze eines Strompfeilers. Die Spundwände wurden bis 30 Fuß tief eingerammt und mit starken Steinwürfen umgeben. Dann pumpte man den Innenraum leer, schlug jetzt Rostpfähle und setzte darauf das Mauerwerk.