Heft 
(1955) 8
Seite
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ein rückläufiges Gefälle. Stunde um Stunde, Tag für Tag läuft Elbwasser die Havel aufwärts und staut weit in die Havelniederung hinein. Das Aus­maß dieser Entlastung von Elbwasser wird übersehbar, wenn gesagt wird, daß im ungünstigsten Falle sekundlich bis 580 Kubikmeter und insgesamt bis 175 Millionen Kubikmeter Elbwasser einströmten und zusammen mit dem Eigenwasser der Havel und ihren Nebenflüssen bis 390 Millionen Kubikmeter Wasser zwischen Havelberg und Rathenow aufgespeichert worden sind. Unvorstellbar groß war die Not und das Elend der be­troffenen Anlieger der Havel bei schweren Katastrophenhochwassern, wie im Juni 1926, als fast 30 000 Hektar wertvolle Wiesen und Äcker unter Wasser gesetzt wurden und das aufgespeicherte Wasser wochen- und monatelang infolge der zu hohen Lage der Havelmündung im Rückstau­becken stehen blieb. Diese Überschwemmungen vernichteten Ernte auf Ernte und verhinderten eine geregelte und intensive Bewirtschaftung der landwirtschaftlich genutzten Flächen.

Der eigentliche Vorgang der Einströmung ist erklärlich, da die Havelsohle gegenüber der Elbsohle auf ihrem fast parallelen Lauf unterhalb Havel­berg 62 cm bei Kilometer 3,0 und in Havelberg 127 cm tiefer als die Elbsohle liegt. Beim Juli-Hochwasser 1954 stand die Elbe in Havelberg 4,29 Meter höher als die Havel. Hinzu kommt ferner der vor allem sich ungünstig auswirkende Umstand, daß die Elbe steilansteigende, dagegen die Havel flache langgestreckte Hochwasser führt.

Die Geschädigten der Havelniederung baten immer wieder um Schutz vor diesen gewaltigen Überschwemmungen und verlangten die Verlegung der Havelmündung bis bei Wittenberge, um so jedes Eindringen von Elbwasser zu verhindern. Es vergingen Jahrzehnte, ehe Schritte unter­nommen wurden, die eine Verbesserung versprachen. Eingehende Unter­suchungen und Berechnungen ergaben dabei, daß ohne Entlastung von Elbwasser die Scheitelstände der Elbhochwasser bis zu 50 cm erhöht würden. Dieser zusätzlichen Belastung sind aber die Elbdeiche unterhalb der Havelmündung in der heutigen Höhe und Stärke nicht gewachsen, und sie würden ferner bei Ausbau für die neue Beanspruchung derartige Mittel benötigen, die wiederum in keinem Verhältnis zum erzielbaren Nutzen stehen. Es waren daher Maßnahmen vorzusehen, die ohne Voll­abschluß der Havelmündung durchgreifende Verbesserung garantierten. Sie haben zusammengefaßt die Verbesserung der Hochwasser-, Vorflut- und Schiffahrtsverhältnisse unterhalb Rathenow zum Ziele. Der er­wünschte Erfolg jedoch ist erst mit der Fertigstellung des Gnevsdorfer Vorfluters im Jahre 1956 als erfüllt zu betrachten. Diese erforderlichen Baumaßnahmen sind folgende:

1. Ausbau der Havel unterhalb Rathenow, um die hydraulische Leistungs­fähigkeit des Flusses zu vergrößern und um die Schiffahrtsinteressen zu wahren.

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