K. V. RÖNNE
Sind sie vecpessen?
Heiteres von alten Perlebergern
Unsere Zeit ist so schnellebig, daß man das Gestern so gut wie endgültig vergessen hat. Man hat mit sich selbst und seiner Zeit zu tun und kann sich nicht mehr zurückflüchten zu Erinnerungen, die einst heiter und licht waren und die verschüttet sind. Wenn ich hier nun von einigen Perlebergern erzähle, sie nur kurz erwähne oder vielleicht etwas Heiteres aus überlieferter Erinnerung zu berichten habe, so wird mancher Leser dieses Blattes sagen: „Richtig, so war es“, oder auch, „mir hat man es etwas anders erzählt.“ — Er wird sich auch wohl der Namen erinnern, die hier Erwähnung finden, wird von sich aus einiges hinzufügen können und wird auch wohl manchen ihm vertrauten Namen vermissen. Es liegt mir aber fern, eine Art Chronik schreiben zu wollen, sondern ich greife lediglich aus der Fülle der Gestalten ein paar kleine Gelegenheiten heraus, um sie noch einmal lebendig zu machen, ehe sie vielleicht ganz ins Vergessen zurücksinken, denn die, die mit ihnen lebten, sind heute betagt, werden eines Tages dahingehen und ebenfalls vergessen sein. Vielleicht aber findet irgendein Leser einen Faden, der sich von dem Gesagten in unsere Gegenwart hinüberspinnen ließe, so daß das Gestern noch einmal hell und leuchtend aufzustehen vermöchte.
Wer von den alten Perlebergern noch Vereinsbilder aus den Jahren 1904 bis 1913 besitzt, schaue sie sich einmal in einer stillen Stunde an. Er wird auf sehr vielen, zumeist in der ersten Reihe sitzend, einen älteren untersetzten Herrn finden, in weißer Weste, mit graumelierten Locken und einem Vollbart. — Der Perleberger Dichter von anno dazumal. — Der Buchdruckereibesitzer Ferdinand Mancke. — Ich erinnere mich seiner noch sehr deutlich, denn es verging wohl kein Nachmittag, an dem er nicht um 17 Uhr in Begleitung des hageren alten Jacob Brinn bei meinem Vater im Kontor erschien und sich dort erzählend für eine Stunde breit machte. Sein Anzug roch immer etwas muffig. — Damals war er der große Mann in Perlebe»g. Es gab keinen Staatsfeiertag, kein größeres örtliches Ereignis, das er nicht irgendwie dichterisch verwertet hätte. Diese Arbeiten erschienen in dem von ihm geleiteten Kreisblatt für die Westprignitz. Ob sie jemals gesammelt veröffentlicht worden sind, entzieht sich meiner Kenntnis. Ein solcher Band würde auch heute wohl nur lokalen Wert besitzen, zu sagen hätte er uns wahrscheinlich gar nichts mehr. Als er kurz
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