den zwanziger Jahren war er Stammkunde bei der Commerz- und Privatbank. Jeden Vormittag kam er in Arbeitskleidung herüber und zahlte seine Einnahmen ein. Es war damals üblich, daß gute Kunden mit Zigarren bedacht wurden. Man begab sich dann ins Direktorenzimmer, und dort wurde geplaudert und geraucht. Zuweilen kam der Herr Direktor aber auch mit der Zigarrenkiste heraus und bot die Zigarre im Schalterraum an. Eines Tages ist also Buwert auch wieder einmal erschienen. Der Direktor begrüßt ihn und fragt: „Na, Herr Buwert, eine Zigarre gefällig?“
„Bin gar nicht abgeneigt.“
Der Direktor macht kehrt und kommt mit der Kiste zurück. Buwert nimmt ihm die Kiste aus der Hand, sieht sich die Banderole an, reicht sie zurück und meint; „Bringen Sie man die andere Kiste.“
Und so geschah es. Buwert zündete sich genießerisch die andere Zigarre an, und ein Schmunzeln ging durch die sonst so strengen arbeitsschweren Räume der Commerzbank.
Noch von einem anderen lieben Menschen soll hier die Rede sein, der zwar nicht zu den bekannten Stadtoriginalen gehörte, der aber im Kreise seiner Berufskameraden den Ruf seltener Originalität besaß, von dem Steuersekretär Johannes Wendt. Sein einer Arm war nahezu gelähmt, und seinen Buchhalterposten versah er mit Ruhe und ohne Übereilung. Es war nun im Finanzamt eingerissen, daß das Personal oft fünf bis zehn Minuten zu spät kam. Warum soll man schließlich auch pünktlich kommen, wenn der Herr Regierungsrat erst um 9 statt um 7 Uhr erscheint. Aber zuweilen geht es doch seltsam in der Welt zu. Jedenfalls hatte der Herr Regierungsrat die Angewohnheit, gelegentlich einmal pünktlich zu kommen und den Anmarsch seiner Getreuen zu kontrollieren. So steht er eines Tages um 7 Uhr vor der Tür, wird gegrüßt und grüßt wieder. Zehn Minuten nach sieben biegt ganz langsam Hannes Wendt um die Ecke, überschreitet den Damm, geht zur Gartenpforte und grüßt: „Morgen, Herr Regierungsrat.“
„Morgen, Herr Wendt. — Herr Wendt, es ist 10 Minuten nach sieben.“ Wendt zieht seine Uhr: „Stimmt genau, Herr Regierungsrat“, und durchschreitet würdevoll das Eingangstor. Passiert ist ihm gar nichts, denn diese Antwort hatte selbst ein Regierungsrat nicht erwartet.
Jahre später, der Herr Regierungsrat war schon versetzt worden, und Bubi war Personalchef. Bubi fühlt sich nun eines Tages bemüßigt, weil auch er immer erst um halb neun Uhr erscheint, in einer Dienstbesprechung über Dienstauffassung zu reden. Auch das Zuspätkommen nimmt einen breiten Raum ein. „Nicht wahr, Hannes“, meint er zu Wendt, „um sieben ist Dienstbeginn.“
Hannes nickt: „Verstehe, — aber sag mal, früher zu kommen braucht man doch nicht?“
„Natürlich nicht, nur pünktlich.“