Kleinen, wenn das verhängnisvolle Klopfen an Fenster und Türen hörbar wird:
Wenn die Glocke sieben schlägt, kommt der Niklaus angefegt, mit dem großen Besenstiel, haut die Kinder gar zu viel.
Meist ist er nicht so streng und läßt sich besänftigen:
Nikolaus, sei unser Gast, wenn du was im Sacke hast.
Hast du was, so setz dich nieder, hast du nichts, so pack’ dich wieder.
Auch Stiefel und Schuhe werden vor das Fenster gestellt, bis mit dem Christabend und dem leuchtenden Lichterbaum das Fest seinen Höhepunkt erreicht:
Auch in die schmalen Hütten fällt ein Licht, von Glanz der Liebe übergossen . . .
Licht soll es werden in des Jahres dunkelsten Tagen. Das Licht soll siegen über die finstere Nacht. Als heilig galt im altgermanischen Glauben diese Wende der Wintersonne. Nun wird sie wieder steigen, jetzt, wo die Zeitunterschiede auf gehört haben. Alles Vergangene wurde gegenwärtig. Das Totenreich öffnete sich. Wodan und seine Gemahlin Holda machten sich mit dem Sturmgebraus der Totenheere auf, Segen zu streuen über die lebende und leblose Kreatur. In der Christnacht geht der Bauer in den Obstgarten, umwickelt die Bäume mit Strohseilen und bittet, an den Zaun klopfend, um reiche Frucht: „Freut ju, Börne, freut ju. Der heilige Christ ist kommen.“ Schäfer und Schweinhirt zogen singend von Haus zu Haus und wurden mit Roggenmehlkuchen und Speckschnitten drauf beschenkt:
Hoch, hoch, in die Firschte hangen drei Bratwörschte.
Giff mi de langen, lot de körte hangen, giff mi den Schwienekopf, de is better as e Bratworscht.
Mancherorts flammen Freudenfeuer auf, strohumwickelte Räder rollen brennend zu Tal oder der Julklotz wurde im Ofen verbrannt. In den Heiligen zwölf Nächten (25. Dezember bis 6. Januar), wo die Gottheiten umziehen, herrscht tiefer Friede im Land. Rechtsprechen und Gericht ruhen. Wehe, wer in dieser heiligen Zeit seine Hände zur alltäglichen Beschäftigung rührt. In Mecklenburg darf kein Ackergerät draußen bleiben. Wäsche zu waschen oder zu trocknen ist verpönt. Das Rad der Spinnerinnen steht still. Sauber müssen Haus und Zimmer sein. Frau Holle, die später in der Mutter Maria aufging, überwacht die häusliche Ordnung. In diesen
293