Heft 
(1891) 66
Seite
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Unwiederbringlich.

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führte sie dann, ihrem Auge folgend, bis zu dem dunkelfarbigen, etwas ein­gesessenen Sopha.

Nehmen Sie Platz, lieber Holk. Dieser Fauteuil wird Wohl keine Gnade vor Ihnen finden, aber der hohe Lehnstuhl da . . ."

Holk schob , den Stuhl heran, und die Prinzessin, die sich am Anblick des schönen Mannes sichtlich erfreute, fuhr, als er sich gesetzt hatte, mit vieler Bon- hommie und wie eine gute alte Freundin fort:Welche frische Farbe Sie mit- Lringen, lieber Holk- Was ich hier um mich habe, sind immer Stadtgesichter; können Sie sich Pentz als einen Gentlemanfarmer oder gar Erichsen als einen Hopfenzüchter vorstellen? Sie lachen, und ich weiß, was Sie denken. . . woran der Hopfen rankt ... ja, lang genug ist er dazu. Stadtgesichter, sagt' ich. Da freut mich Ihre gute schleswig'sche Farbe, roth und weiß, wie die Landes- sarben. Und was macht Ihre liebe Frau, die Gräfin? Ich weiß, sie liebt uns nicht sonderlich, aber wir lieben sie desto mehr, und das muß sie sich gefallen lassen."

Holk verneigte sich.

Und was sagen Sie zu dem Lärm, den Sie hier vorfinden? Ein wahres Sturmlaufen gegen den armen Hall, der doch schließlich der Klügste und auch eigentlich der Beste ist, und dem ich es fast verzeihe, daß er zu der putzmacher- lichen Gräfin hält, der ich, beiläufig, wenn ich jemals darüber zu bestimmen gehabt hätte, ein entsprechendes gräfliches Wappen aus einem Haubenstock und einer Crinoline zusammen gestellt hätte, vielleicht mit der Devise:Je weiter, je leerer." Ich werde mich in dieser Geschmacksverirrung meines Neffen, wenn ich auch nur seine Halbtante bin, nie zurechtfinden können; um die Gräfin archäo­logisch oder, was dasselbe sagen will, als ausgegrabenes vaterländisches Alterthum anzusehen, ein Standpunkt, von dem aus mein Neffe so ziemlich Alles betrachtet, dazu ist sie, trotz ihrer Vierzig, doch schließlich noch nicht alt genug. Aber was wundere ich mich noch? Georg II., von dem mir mein Großvater in meinen jungen Tagen oft erzählte, hielt auch zu dem Satze:tair, tat anä tortz^. Warum nicht auch mein Neffe, der König? Uebrigens haben Sie den gestrigen Sitzungsbericht schon gelesen? Eine wahre Skandalscene voller Gehässigkeiten. An der Spitze natürlich immer dieser Thompsen-Oldensworth, Ihr halber Lands­mann, ein mir unerträglicher Schreier und Schwätzer in seiner Mischung von Advocatenpfiffigkeit und biedermännischem Holsteinismus . . ."

Holk war verlegen, das Gespräch mit der Prinzessin so von vornherein einen Politischen Charakter annehmen zu sehen und in seinem Gesichte mochte sich Etwas von dieser Verlegenheit spiegeln, weshalb die Prinzessin sortfuhr:Aber lassen wir die leidige Politik. Ich Will Ihnen keine Verlegenheiten machen, noch dazu gleich in dieser ersten Stunde, weiß ich doch, daß Sie ein ketzerischer Schleswig- Holsteiner sind, einer von Denen, mit Denen man nie fertig wird und von Denen man immer dann am weitesten ab ist, wenn man eben glaubt, mit ihnen Frieden geschlossen zu haben. Antworten Sie nichts, sagen Sie nichts von Ihrer Loyalität; ich weiß, Sie haben so viel davon, wie Sie haben können, aber wenn cs zum Letzten kommt, ist doch der alte Stein des Anstoßes immer wieder da, und jenes furchtbarefallen blewen ungedeelt", dieses Citat ohne Ende, dieser Gemeinplatz ohne Gleichen, zieht wieder die Scheidelinie."

Holk lächelte.