Heft 
(1894) 81
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Deutsche Rundschau.

Geert," sagte Essi, und während sie den Brief bei Seite steckte , fuhr sie in ruhigem Tone fort:Aber das Wirst Du doch gestatten, daß ich den Flügel schräg in die Stube stelle. Daran liegt mir mehr als an einem Kamin, den mir Geert versprochen hat. Und das Bild von Dir, das stell' ich dann aus eine Stasfelei; ganz ohne Dich kann ich nicht sein. Ach, wie werd' ich mich nach Euch sehnen, vielleicht aus der Reise schon und dann in Kessin ganz gewiß. Es soll ja keine Garnison haben, nicht einmal einen Stabsarzt, und ein Glück, daß es wenigstens ein Badeort ist. Vetter Briest, und daran will ich mich ausrichten, dessen Mutter und Schwester immer nach Warnemünde gehen nun, ich sehe doch Wirklich nicht ein, warum der die lieben Verwandten nicht auch einmal nach Kessin hin dirigiren sollte. Dirigiren, das klingt ohnehin so nach Generalstab, worauf er, glaub' ich, ambirt. Und dann kommt er natürlich mit und wohnt bei uns. Uebrigens haben die Kessiner, wie mir neulich erst wer erzählt hat, ein ziemlich großes Dampfschiff, das zweimal die Woche nach Schweden hinüberfährt. Und ans dem Schiffe ist dann Ball (sie haben da natürlich auch Musik) und er tanzt sehr gut . . ."

Werd"

Nun, Dagobert."

Ich dachte, Du meintest Jnnstetten. Aber jedenfalls ist es an der Zeit, endlich zu wissen, was er schreibt ... Du hast ja den Brief noch in der Tasche."

Richtig. Den hätt' ich fast vergessen." Und sie öffnete den Brief und überflog ihn.

Nun, Effi, kein Wort? Du strahlst nicht und lachst nicht einmal. Und er schreibt doch immer so heiter und unterhaltlich und gar nicht väterlich weise."

Das würd' ich mir auch verbitten. Er hat sein Alter, und ich habe meine Jugend. Und ich würde ihm mit dem Finger drohen und ihm sagen: ,Geert, überlege, was besser ist'."

Und dann würde er Dir antworten: Mas Du hast, Effi, das ist das Bessere'. Denn er ist nicht nur ein Mann der feinsten Formen, er ist auch gerecht und verständig und weiß recht gut, was Jugend bedeutet. Er sagt sich das immer und stimmt sich aus das Jugendliche hin, und wenn er in der Ehe so bleibt, so werdet Ihr eine Musterehe führen."

Ja, das glaube ich auch, Mama. Aber kannst Du Dir vorstellen, und ich schäme wich fast, es zu sagen, ich Lin nicht so sehr für das, Was man eine Musterehe nennt."

Das sieht Dir ähnlich. Und nun sage mir, wofür bist Du denn eigentlich?"

Ich bin . . - nun, ich bin für gleich und gleich und natürlich auch für Zärtlichkeit und Liebe. Und wenn es Zärtlichkeit und Liebe nicht sein können, Weil Liebe, wie Papa sagt, doch nur ein Papperlapapp ist (was ich aber nicht glaube), nun, dann bin ich für Reichthum und ein vornehmes Haus, ein ganz vornehmes, wo Prinz Friedrich Karl zur Jagd kommt,- aus Elchwild oder Auerhahn, oder wo der alte Kaiser vorfährt, und für jede Dame, auch