Effi Briest.
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sie wieder bei ihrem unvermeidlichen schwarzen Huhn — nicht gerne sehen läßt." Alles lächelte. „Aber lassen wir Frau Kruse . . . Dies hier ist mein alter Friedrich, der schon mit mir auf der Universität War . . . Nicht wahr, Friedrich, gute Zeiten damals . . . und dies hier ist Johanna, märkische Landsmännin von Dir, wenn Du, was aus Pasewalker Gegend stammt, noch für voll gelten lassen willst, und dies ist Christel, der wir Mittags und Abends unser leibliches Wohl anvertrauen, und die zu kochen versteht, das kann ich Dir versichern. Und dies hier ist Rollo. Nun, Rollo, wie geht's?"
Rollo schien nur aus diese specielle Ansprache gewartet zu haben, denn
im selben Augenblicke, wo er seinen Namen hörte, gab er einen Freudenblaff,
richtete sich auf und legte die Pfoten auf seines Herrn Schulter.
„Schon gut, Rollo, schon gut. Aber sieh da, das ist die Frau; ich Hab'
ihr von dir erzählt und ihr gesagt, daß du ein schönes Thier seiest und sie
schützen würdest." Und nun ließ Rollo ab und setzte sich vor Jnnstetten nieder, zugleich neugierig zu der jungen Frau anfblickend. Und als diese ihm die Hand hinhielt, umschmeichelte er sie.
Effi hatte während dieser Vorstellungsscene Zeit gefunden, sich umzuschauen. Sie war wie gebannt von Allem, was sie sah und dabei zugleich geblendet von der Fülle von Licht. In der vorderen Flurhälfte brannten vier, fünf Wandleuchter, die Leuchter selbst sehr primitiv, von bloßem Weißblech, was aber den Glanz und die Helle nur noch steigerte. Zwei mit rothen Schleiern bedeckte Astrallampen, Hochzeitsgeschenk von Niemeher, standen auf einem zwischen zwei Eichenschränken angebrachten Klapptisch, in Front davon das Theezeug, dessen Lämpchen unter dem Kessel schon angezündet war. Aber noch viel, viel Anderes und zum Theil sehr Sonderbares kam zu dem Allen hinzu. Quer über den Flur fort liefen drei, die Flurdecke in ebenso viele Felder theilende Balken; an dem vordersten hing ein Schiff mit vollen Segeln, hohem Hinterdeck und Kanonenluken, während weiterhin ein riesiger Fisch in der Lust zu schwimmen schien. Effi nahm ihren Schirm, den sie noch in Händen hielt und stieß leis an das Ungethüm an, so daß es sich in eine langsam schaukelnde Bewegung setzte.
„Was ist das, Geert?" fragte sie.
„Das ist ein Haifisch."
„Und ganz dahinten das, was aussieht Wie eine große Cigarre vor einem Tabaksladen?"
„Das ist ein junges Krokodil. Aber das kannst Du Dir Alles morgen viel besser und genauer ansehen; jetzt komm und laß uns eine Tasse Thee nehmen. Denn trotz aller Plaids und Decken wirst Du gefroren haben. Es war zuletzt empfindlich kalt."
Er bot nun Effi den Arm, und während sich die beiden Mädchen zurückzogen und nur Friedrich und Rollo folgten, trat man, nach links hin, in des Hausherrn Wohn- und Arbeitszimmer ein. Effi war hier ähnlich überrascht wie draußen im Flur; aber ehe sie sich darüber äußern konnte, schlug Jnnstetten eine Portiöre zurück, hinter der ein zweites, etwas größeres Zimmer, mit Blick auf Hof und Garten gelegen war. „Das, Effi, ist nun also Dein.