Heft 
(1894) 81
Seite
33
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Dissa Moria.

Sonette von C. Pascarella.

Deutsch

von

Paul Heyse.

^Nachdruck untersagt.^

Sonette in römischer Volksmundart, ganz eigenartige was nach Belli unmöglich schien hat hier Cesare Pascarella gedichtet. Schon in den Sonetten seines Uorto cki eamxagna und der Lerenata, die vor etlichen Jahren erschienen, hat er gezeigt, daß er die Fähigkeit besitzt, die herbe Wahrheit zu erkennen und wiederzugeben. In denen der Villa Gloria erhebt er aus ein­mal den Dialekt zu epischer Höhe. Hier ist Alles wahr. Nicht der Dichter spricht; ein Trasteveriner hat Alles gesehen und mitgehandelt. So entsteht das Epos naturgemäß, nicht künstlich beabsichtigt, in der Form der Mundart. Der Trasteveriner war selbst einer der Siebzig, die bei Villa Gloria gekämpft haben. Mit sicherem und scharfem Blick, in lebhafter Erregung überschaut er die Ereignisse und die handelnden Personen, mit entschlossener, aber mit­fühlender Seele, und erzählt ohne Beschreibungen, Abschweifungen, phantastische Ausschmückungen, wozu nicht Zeit war, aber mit Beachtung aller Einzel­heiten denn Alles war wichtig für ein Häuflein, wie sie waren, wenn sie siegen oder mit Ehren sterben sollten. Und in der verklärenden Ferne von achtzehn Jahren beleuchtet ihm die wieder auflodernde Gluth seiner kühnen Jugend die Erzählung mit dem Glanz eines starken Phantasiegebildes. In seinem Bericht von dem, was geschehen war im Angesichte Roms, zwischen Tiber und Anio, in jenem offenen Felde mit jenen Namen, in jener herbstlichen Jahreszeit erhebt und bewegt sich der epische Umriß in monumentaler Größe durch die fünfundzwanzig Sonette, wie nie zuvor eine mundartliche italienische Dichtung. Groß war die Kunst und das Talent eines Porta*) und Belli, aber in einem verneinenden, verspottenden, zerstörenden Genre; classisch so viel man will die Dichtung Meli's H, aber dem Leben entfremdet, eine arkadische Fiction. Den heroischen Idealismus der Italiener, die fürs Vaterland sterben, in einer Dialektdichtung darzustellen mit der innigen Bewegung eines hochherzigen

*) Der Mailänder Carlo Porta.

2) Der Sicilianer Giovanni Meli.

Deutsche Rundschau. XXI, 1. Z