ihnen für das Heerwesen ergaben, hat man mit echt römischer Zähigkeit festgehalten, auch als ihre Bedingungen schon seit Jahrhunderten geschwunden waren. Wie die Stadt ihr Machtgebiet ausdehnte und ihre Waffen in immer weitere Fernen trug, hörte für den Soldaten die Möglichkeit auf, sich während des Feldzuges aus eigenen Mitteln zu unterhalten. Der Staat mußte für seine Verpflegung sorgen, ja er entschloß sich sogar zu Soldzahlungen; auch in Rom fand die Lehre Anerkennung, daß zum Kriege Geld und dreimal Geld gehört. Trotzdem blieb es dabei, daß der Krieger seine Waffenrüstung selber stellen mußte, nicht um der geringen Ersparniß willen, die sich hieraus ergab, sondern nur, weil es seit Urväterzeiten so gewesen war. Kaum in der allerdringendsten Noth griff man dazu, auch die Proletarier auszuheben und auf öffentliche Kosten zu bewaffnen; doch in solchen Fällen stellte man auch Wohl die Sklaven ein, obgleich sie sonst vom Militärdienste streng ausgeschlossen waren. Die Kriegsmacht Roms wuchs also keineswegs in demselben Verhält- niß, wie seine Bürgerschaft sich ausbreitete. Denn mit der Steigerung seiner Macht ging auch die Hebung seiner Cultur, die Entwicklung der materiellen Hülssquellen Hand in Hand, und die nächste Folge eines solchen Aufschwungs ist immer, daß die Kluft zwischen Arm und Reich weiter gerissen wird und zugleich mit den großen Vermögen auch die Masse der Besitzlosen sich vermehrt. Unter König Servius dürften noch die meisten Bürger kleine Grundbesitzer gewesen sein, welche die Vorbedingung für den Kriegsdienst erfüllten; nach den punischen Kriegen hatte sich die Zahl der freien römischen Bauern ohne Zweifel bedeutend vergrößert, aber unverhältnißmäßig stärker das bürgerliche Proletariat.
Auch die fremden Gebiete, welche dem Reiche nach und nach angegliedert wurden, trugen zur Vermehrung seiner Kriegsstärke nicht in dem Maße bei, wie man es nach ihrem Umfang und ihrer Volkszahl erwarten müßte. Wo man auf dem gewonnenen Lande Römer ansiedelte, ohne ihnen ihr Bürgerrecht zu nehmen, da verwandelte man allerdings Proletarier in Grundbesitzer und machte sie damit waffenfähig. Auch die Gründung latinischer Colonien verminderte zwar die Bürgerschaft — denn wer sich in die neue Stadt aufnehmen ließ, wurde Latiner und hörte auf, Römer zu sein—; doch traf dieser Verlust fast nur die besitzlose Masse und schuf zugleich den Gewinn einer neuen Bundesgemeinde, deren Krieger Seite an Seite mit den römischen kämpften. Aber diese beiden Arten, eroberte Gebiete nutzbar zu machen, blieben mit wenigen Ausnahmen auf Italien beschränkt und kamen auch hier nicht überall zur Anwendung. Meistens erklärte man das unterworfene Land und seine Bewohner für Staatseigenthum, machte also jenes zur Domäne, diese zu öffentlichen Sklaven. Das klang sehr hart, war aber nicht so gar schlimm gemeint. Denn fast immer überließ man den Grund und Boden seinen früheren Eigenthümern zur Nutznießung und machte die Rechte des Eroberers nur insofern geltend, als man von ihnen Kops- und Grundsteuern erhob. Im Rechtssinne blieben sie nichtsdestoweniger Knechte, was für sie die sehr annehmbare Folge hatte, daß sie zum Kriegsdienst gar nicht oder doch nur in seltenen Ausnahmefällen verwendet wurden. Viele Landschaften Italiens und die große Masse des
Deutschs Rundschau. XXI, 1. 4