Heft 
(1894) 81
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Deutsche Rundschau.

der fürstliche Reichthum, welchen damals fast jeder angesehene Senator befaß, setzte ihn auch in den Stand, sie einigermaßen zu erfüllen. Die entlassenen Soldaten betrachteten sich allesammt als Clienten ihres früheren Feldherrn; von ihm erwarteten sie, daß er sie nicht im Elend verkommen lasse, und dieses Verlangen war bei denjenigen, deren Blut ihm Ruhm und dem Vaterlande Schutz gewahrt hatte, gewiß viel berechtigter, als bei all den Pflastertretern, welche sich auf dem Markt um ihn drängten und seinen Volksreden Beifall brüllten. Aber für so viele reichte das Vermögen eines Einzelnen nicht hin; er mußte den Staat zu Hülse rufen. So endete im letzten Jahrhundert der Republik kaum ein länger dauerndes Commando, ohne daß große Ackervertheilungen beantragt wurden, um den Veteranen zu Grundbesitz zu verhelfen.

Nachdem Rom seine ganze Domäne in dieser Weise vergeudet hatte, sah es sich gezwungen, für ungeheure Summen Landankäuse zu machen, und was es damit erreichte, war nur eine Minderung seiner Wehrkraft. Denn die Ansprüche, welche man an die militärische Ausbildung stellte, hatten sich unter­dessen so gesteigert, daß der Rekrut zum Kampfe kaum noch als brauchbar galt. Und doch mußte man sich mit diesem geringwertigen Material begnügen, wenn Leute, die nach zehn- bis zwölfjährigem Dienst noch in der Blüthe ihres Lebens standen und einen trefflichen Kern für neue Heere hätten abgeben können, es in heißen politischen Kämpfen erzwangen, daß man sie aus guten Soldaten zu schlechten Landwirthen machte.

So heftig die Ackergesetze in Senat und Volksversammlung auch immer wieder bekämpft wurden, die Veteranenversorgung setzte sich durch; die öffent­liche Meinung sprach zu laut dafür, als daß sie sich trotz der unerschwing­lichen Kosten hätte beseitigen lassen. Wohl aber konnte man sie erträglicher machen, wenn die Zahl der Empfangenden mit einiger Gleichmäßigkeit über die verschiedenen Jahre vertheilt und zugleich beträchtlich vermindert wurde. Beides war dadurch zu erreichen, daß man den Soldaten länger unter der Fahne hielt und daß Aushebung und Entlassung nicht mehr nach dem zeit­weiligen Bedürfniß, sondern nach einer festen Regel stattsanden. Drängte so schon die finanzielle Noth aus die Gründung eines stehenden Heeres hin, so wirkten die militärischen Aufgaben, welche dem Reiche damals gestellt waren, gleichfalls nach derselben Richtung.

Ebenbürtige Feinde besaß Rom nicht mehr, und doch kamen seine Waffen niemals zur Ruhe. Denn überall war das unterworfene Gebiet theils um­geben, theils auch durchbrochen von den Wohnsitzen kleiner, unabhängiger Stämme, die ihre barbarische Raubsucht immer wieder auf Kosten der Pro­vinzen zu befriedigen suchten. Sie zu besiegen, war leicht genug: desto schwerer, sie auszurotten oder zu dauernder Ruhe zu zwingen. Denn sie hausten in Wüsten, sumpfigen Urwäldern oder wilden Gebirgen, wo ein civilisirtes Heer kaum eindringen, geschweige denn alle Schlupswinkel durchsuchen und ihre Be­wohner unschädlich machen konnte. So ließ man sie denn meist, wo sie waren, und sorgte nur dafür, daß sie die friedlichen Landschaften nicht zu schwer be­lästigten. In der Mehrzahl der Provinzen fand also der römische Soldat sehr wenig zu kämpfen, ohne daß doch seine Anwesenheit entbehrlich gewesen