Pslanzenleben im Wasser.
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Gestalt wie auf ihre Lebensvorgänge einzuwirken vermochten. So sind jene Pflanzengesellschaften als Lebensgemeinschaften entstanden. Illustrationen des Goethe'schen Wortes, daß die Weise des Lebens aus alle Gestalten mächtig zurückwirkt.
Sehen wir uns eine dieser Lebensgemeinschaften, die Pflanzenwelt des Wassers, näher an und untersuchen wir, in welchem Zusammenhänge einige ihrer hervorstechendsten Eigenthümlichkeiten mit den im Wasser gebotenen Lebensbedingungen stehen.
Treten wir ans User eines größeren, reichen Pslanzenwuchs bergenden Teiches oder eines buchtenreichen Flusses, so scheidet sich uns ihre pflanzliche Bevölkerung aus den ersten Blick in drei Gesellschaften: an den Rändern die Strandpflanzen, aus dem Wasserspiegel selbst die schwimmenden Blätter und Blüthen der Oberflächengewächse und endlich in der schwer mit dem Auge zu durchdringenden Tiefe die untergetauchte Flora, aus wenigen sonderbar geformter: Blüthenpflanzen und vielen niederen, großentheils der mikroskopisch kleinen Welt angehörenden Gewächsen zusammengesetzt.
Die Strandpflanzen bilden das Uebergangsglied zwischen der Pflanzenwelt des Landes und der des Wassers. Im nassen Uferboden oder selbst unter Wasser wurzelnd, erheben sie doch den größten Theil ihrer Sprosse mit Blättern und Blüthen über den Wasserspiegel empor, in ihren Wachsthums-, Athmungs- und Ernährungsverhältnissen der Landslora sich zugesellend. Zwischen Weidengebüsch, überragt von einzelnen, graustämmigen Erlen, erscheinen kleine Wälder rauschenden Rohrschilss, beides durchsetzt von einem bunten Gemenge der verschiedensten Kräuter, unter welchen scharfkantige Rietgräser und rundstengelige Binsen neben dem duftenden Calmus, den Schwertlilien und doldenblüthigen hohen Wasserviolen die erste Stelle einnehmen. Mehr aus dem Lande treten die zierlichen Weißen Rispen der Sumpfspirstauden hervor, am Boden begleitet von den graugrünen Blättern und violetten Blüthen des bittersüßen Nachtschattens. Auch die Weißen Sterne der weidenblättrigen Aster können wir nicht übersehen, die Zeichen des beginnenden Herbstes, und die große Winde, deren fadendünne Stengel an den starren Halmen des Rohrschilfs eine willkommene Stütze finden.
Alles in Allem ein buntes, vielgestaltiges Bild, dessen charakteristische Züge sich nur schwer aus dem Gesammteindruck herauslösen lassen würden. Leichter ist dies bei zwei anderen Formen von Strandfloren, welche unter eigentümlicheren Bedingungen, als sie unsere Gewässer bieten, entstanden sind: Der Flora des sandigen Strandes unserer Meere und der des
unergründlichen beweglichen Morastes tropischer Flußmündungen. Im ersten Falle ist es der Salzgehalt des Bodens, welcher der Pflanzenwelt ein auffallendes Aussehen gegeben hat. Meist Kräuter mit unscheinbaren Blüthen, aber auch eine schöne blaue Aster haben sich hier dem Leben am Salzwasser angepaßt. Sie sind oft ausgezeichnet durch fleischige Blätter, deren innere Eigenschaften in so genauer Beziehung zu dem Salzreichthum ihrer Wohnorte stehen, daß man auch fern vom Meere, wo man jene Pflanzen antrifft, auf Salzgehalt des Bodens schließen kann.