Heft 
(1894) 81
Seite
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Pflanzenleben im Wasser.

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Während dieser nothgedrungenen Wanderung und in Folge des Wasserlebens die sie jetzt von den Landpflanzen unterscheidenden Eigentümlichkeiten an­genommen.

Eine Pflanze gibt es, welche uns diese Vorgänge heute noch vor Augen führt. Es ist der ortswechselnde Knöterich, ein Verwandter des Buchweizens, des kleinblüthigen, mit seinen ausgebreiteten Aesten an allen Wegen wachsenden Vogelknöterichs und der Otternwurzel, deren steif aufrechte walzliche rosarotsten Blüthenstände einen häufigen Schmuck sumpfiger Wiesen bilden.

Der ortswechselnde Knöterich wächst am Rande von Gräben und Teichen, oft halb auf dem Lande und halb im Wasfer, und keinem aufmerksamen Beobachter kann es entgehen, daß die Pflanze im Wasfer ganz anders aus­sieht, als aus dem Lande. Hier steifhaarig und mit kurzgestielten Blättern versehen, Wird sie im Wasser kahl und glatt und entwickelt sehr lange Blatt­stiele, welche in flach auf seiner Oberfläche schwimmende Spreiten endigen.

Ist hiernach eine Pflanze, welche nur gelegentlich und oft nur theilweise ins Wasser ubersiedelt, im Stande, so weitgehende Veränderungen zu erleiden, so kann es uns nicht mehr Wunder nehmen, Pflanzen, die ganz im Wasser heimisch geworden sind, ihren aus dem Lande zurückgebliebenen Gattungs­genossen kaum noch ähnlich zu finden. Bei manchen kann man in der That nicht mehr sagen, welcher Landpflanzensamilie sie eigentlich entstammen. Selbst so genau bekannten Pflanzen, wie dem Seegras und den Wasserlinsen, sieht auf den ersten Blick gewiß Niemand die Verwandtschaft mit den Aaronsstab­ähnlichen Gewächsen an. Um sie herauszubringen, waren langwierige Unter­suchungen und Vergleichungen nothwendig.

Ähnlich steht es mit den Wasserhahnenfüßen, die wir zum Ausgangs­punkt einer näheren Betrachtung der Eigenheiten der Wasserpflanzen nehmen wollen.

Allbekannt sind die kleinen Weißen Blüthen, welche im Sommer viele unserer Teiche, aber auch rasch fließende Gewässer bedecken.

Bald dicht über dem Wasserspiegel, bald aus längeren Stielen sitzend, breiten diese Blümchen ihre fünf Blätter aus, die sie im Verein mit den vielen Staubfäden und Griffeln als Verwandte unserer Butterblumen, als Wasserranunkeln erkennen lassen. An anderen Theilen jener Pflanzen würden wir freilich vergeblich nach Ähnlichkeiten mit den übrigen Ranunkeln suchen. Ziehen wir z. B. den in rasch fließendem Wasser wachsenden fluthenden Hahnenfuß aus seinem Elemente heraus, so fällt die ganze Pflanze zusammen, und wir halten nur ein Bündel langer Fäden in der Hand, an welchen zu­nächst von Stengeln und Blättern nichts zu unterscheiden ist. Breiten wir jetzt einen Theil des Bündels auf einem Steine aus, so erkennen wir freilich, daß wir verzweigte, mit Blattgebilden besetzte Sprosse vor uns haben; beiderlei Organe aber sind von denen ihrer nächsten Gattungsverwandten weit ver­schieden. Bei den Ranunkeln unserer Wiesen sind die Stengel aufrechte harte, skelettartige Gebilde, welche, dank ihrer Festigkeit, Wind und Wetter zu trotzen und die Last der Blätter, Blüthen und Früchte zu tragen vermögen. Die Stengel der Wasserranunkeln sind schlaff und weich. Widerstandslos lassen