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Deutsche Rundschau.
sie sich von den Wellen schaukeln; indem sie hierhin und dorthin schlängelnde Bewegungen aussühren, je nach der Seite, auf welche sie gerade der Stoß des Wassers hintreibt. Fest sind sie nur in ihrer Längsrichtung, weil andernfalls der Zug des strömenden Wassers sie zerreißen würde. Auch tragsähig brauchen die Stengel der Wasserrannnkel nicht zu sein. Die ganze Pflanze ist von zusammenhängenden Luftcanälen durchzogen, welche alle ihre Theile zum Schweben im Wasser oder zum Schwimmen befähigen. Das Wasser selbst nimmt hier die Last auf sich, welche bei Landpflanzen die Stengel und Stämme zu tragen haben. — Schwimmende Wasserpflanzen brauchen also kein Skelett und wirklich ergibt sich bei der Zerlegung und mikroskopischen Untersuchung, daß in ffhrem Inneren alle die Gebilde fehlen können, welche sonst, wie dem Thiere die Knochen, dem Pflanzenkörper Haltung und Tragkraft verleihen.
Aber noch enger mit den Lebensprocessen verknüpfte Organe fehlen vielen Wasserpflanzen. Wir können uns kein höheres Thier vorstellen, das keine Gefäße, keine Adern und Lymphwege hätte. Bei Wasserpflanzen aber vermissen Wir nicht selten gerade die langen und weiten Röhren, welche das Gefäßsystem der Landpflanzen ausmachen. Allerdings vermitteln im Reich der Gewächse die Gesäße nicht in dem Maße wie im Thierreich die Circulation der Lebenssäfte. Sie dienen hauptsächlich der Leitung des Wassers von der Wurzel zu den Blättern, und so wird es uns verständlich, daß die lebens- nothwendigen Organe der Landpflanzen den Wasserpflanzen entbehrlich sein können. Bedürfen diese doch einer besonderen Wasserleitung nicht, weil sie allseitig von dem flüssigen Elemente umgeben sind.
Im höchsten Maße tritt uns der Mangel an inneren Organen bei einer Alge entgegen, welche auf dem Boden seichter Stellen im Mittelmeere grüne Wiesen bildet. Sie hat einen dünnen, vielverzweigten, horizontal kriechenden Stengel, der nach oben ins Wasser Blätter, nach unten in den Sand feine Faserwurzeln entwickelt. Die ganze, oft viele Fuß lange Pflanze aber besteht nur aus einer einzigen riesengroßen Zelle. Eine zähe Haut umschließt ihre lebendige Substanz, welche in einem zusammenhängenden Strome Stengel, Blätter und Wurzeln des wunderbaren Gewächses durchzieht, hier mineralische Stoffe durch die Haut hindurch ausnehmend und verarbeitend, dort organische Substanzen erzeugend und umwandelnd und zugleich Wachsthum und Vermehrung des Ganzen vermittelnd.
Nicht minder absonderlich als der innere Bau und das Aussehen der Stengel, ist die Gestalt der Blätter der Wasserpflanzen beschaffen. Ihrer Leistung für den Organismus nach stimmen sie mit denen anderer Pflanzen überein. Auch bei den Wasserpflanzen sind die Blätter dazu da, mit Hülse des Sonnenlichtes Stoffe zu bereiten, welche die Pflanze zum Aufbau ihres Körpers nöthig hat. Unter dem Wasserspiegel gestalten sich die Bedingungen für diese Thätigkeit wenig günstig, da die Lichtstrahlen schon in dünnen Schichten Wassers eine beträchtliche Schwächung erleiden. Im Zusammenhänge damit sind eben unter Wasser wachsende Blätter, wie beim fluthenden Hahnenfuß, häufig nicht flächenförmig entwickelt, nicht eiförmig oder herzförmig oder