Pflanzmleben im Wasser.
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Die Phanerogamenblüthe ist im Allgemeinen für das Leben an Luft und Licht geschaffen. Wir finden deshalb, daß die Blüthen vieler Wasserpflanzen mit den Schwimmblättern das Bestreben gemein haben, den Wasserspiegel zu erreichen. Bedürfen sie doch zur Uebertragung des Blüthenstaubes auf die Narben der Mithülse des Windes oder der Jnsecten, welche sich dicht über dem Wasserspiegel umhertummeln. Ihr Emportanchen geschieht mit Hülse von Schwimmeinrichtungen mannigfaltigster Art, für welche hier nur an ein viel citirtes Beispiel erinnert sei.
Bei der Vallünorw, deren lange grasartige Blätter auf dem Grunde südeuropäischer, sa schon südthrolischer Gewässer kleine Rasen bilden, entstehen die unscheinbaren männlichen Blüthen in kolbigen, von einem bauchigen Schutzblatt umhüllten Blüthenständen am Grunde des Wassers. Die weiblichen Blnmenkronen sitzen einzeln auf sehr langen fadenförmigen Stielen, welche sie eben über den Wasserspiegel emportauchen lassen. Ist der Blumenstaub gereist, so thut das Schutzblatt des männlichen Blüthenstandes sich auf, und die einzelnen Blüthchen lösen sich in Gestalt kleiner kugeliger Gebilde los, um, vermöge ihrer Leichtigkeit, ebenfalls an die Wasseroberfläche emporzusteigen. Hier entfalten sie drei Weiße Blättchen, welche, um ein Kerner'sches Bild zu gebrauchen, wie blüthenstaubbeladene Kähne auf dem Wasser umherschwimmen und so dem Wind gestatten, ihre Fracht den weiblichen Blüthen zuzuführen. Zur Zeit der Fruchtbildung rollen sich die Stiele der letzteren spiralig Zusammen, wodurch der Samen in die schützende Tiefe hinuntergezogen wird, um dort ungestört die Zeit bis zur Keimung zu verbringen. Die Blüthen vieler Wasserpflanzen bleiben übrigens zeitlebens unter dem Wasser verborgen. Sie bringen dann alle die Einrichtungen nicht zur Ausbildung, welche nur in der Lust Bedeutung besitzen. Ohne Farbe und Duft pflegen sie unscheinbare, erst bei genauer Besichtigung zu entdeckende Gebilde zu sein, welche nur durch Blüthenstanb und Samenbildung sich als wirkliche Blüthen kennzeichnen.
Mit der Samenreife erwachsen den Wasserpflanzen abermals besondere Ausgaben. Einem jeden Gewächse liegt daran, sich möglichst auszubreiten und seine Nachkommen an neue Ansiedelnngsplätze zu bringen, damit sie Raum zu freier Entfaltung gewinnen und nicht im Schatten der Stammeltern zu verkümmern brauchen. Die Samen dürfen nicht da liegen bleiben, wo sie zur Reife gelangt sind. Sie müssen möglichst zerstreut und namentlich aus der nächsten Nähe ihrer Mutterpflanze hinweggebracht werden. Die Früchte oder Samen der Wasserpflanzen sind daher häufig mit Schwimmapparaten begabt, mit deren Hülse sie weite Reisen machen können. Sie theilen diese Einrichtung mit vielen Strandpflanzen, deren ganzes Dasein in mehr als einer Beziehung mit dem Wasser verknüpft ist. Zn ihnen gehört die Cocospalme, an deren riesengroßen Früchten die verhältnißmäßige Leichtigkeit aufsällt. Innen mit Cocosmilch und Cocosbutter, der Nahrung für die junge Keimpflanze, erfüllt, besitzen sie eine aus lufthaltigem Fasergeflecht bestehende dicke Rinde, welche als ausgezeichnetes Schwimmkissen die Frucht oft weit übers Meer trägt, bis sie an einer Insel strandet und dort zum neuen Baume erwächst. So erscheint die Cocospalme unter den ersten Besiedlern neu aus dem Ocean auftauchender