Heft 
(1894) 81
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Pslanzenleben im Wasser.

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bauen helfen und zukünftigen Geschlechtern den Boden bereiten. Auch ihren Mitgeschöpfen kommt ihr Dasein zu Gute. Wie auf dem Lande find es im Meere die Pflanzen, welche die unbelebten Substanzen der Luft und des Stein­reichs verarbeiten und in Stoffe umwandeln, welche sich dazu eignen, Bestand- theile der Körper lebender Wesen zu werden. Indem sie selbst als Nahrung dienen oder indem die von ihnen ernährten Thiere größeren Thieren zum Opfer fallen, find sie es, welche das gesammte Thierleben der Oceane unterhalten. Wenn man sich freilich vergegenwärtigt, daß zwölf Millionen Individuen einer Art jener kleinen pflanzlichen Meeresbewohner kaum ein halbes Gramm organischer Substanz enthalten, so ist wahrlich die unendliche Menge von Leben unfaßbar, welche zu Grunde gehen mußte, um beispielsweise das Material zu einem einzigen Walfisch zu liefern; dennoch sind wir bei einer Betrachtung der Ernährungsverhältnisse dieser Thiere neben dem Seegras und den größeren Algen der Küstengebiete nicht in letzter Linie auf jene mikro­skopischen Wesen angewiesen. Sie bilden einen sehr wichtigen Theil der Ur- nahrung des Meeres, welche der Existenz seiner thierischen Bewohnerschaft zu Grunde liegt.

Die eben berührte Frage hat vor wenig Jahren die Planktonexpedition veranlaßt, eine der interessantesten wissenschaftlichen Reisen, welche von Deutsch­land ausgegangen sind. Im Sommer 1889 stach von Kiel, dem Sitz der Commission zur wissenschaftlichen Untersuchung der deutschen Meere, mit reichen Mitteln ausgestattet, der deutsche DampferNational" in See mit keiner ge­ringeren Ausgabe, als die Menge des Plankton, d. h. der im Meere schwim­menden und treibenden Organismen zu bestimmen, um dadurch einen Ueber- blick über dieErtragsfähigkeit des Meeres an organischer Substanz" zu ge­winnen. Mit sinnreich eingerichteten Netzen wurde eine große Anzahl von Fängen ausgesührt, dann die Beute nach den in ihr enthaltenen Organismen­gruppen gesondert und jede Gruppe einem Specialforscher zur Bearbeitung übergeben. Die Arbeit des Untersuchens und Zählens der Pflanzen und Thiere ist noch im Gang. Selbst wenn aber auch die Expedition jene Hauptfrage nicht exact sollte beantworten können, ist doch so viel sicher, daß die Reihe von Ab­handlungen, in welchen ihre Ergebnisse zu erscheinen im Begriffe sind, eine Menge neuer Thatsachen enthält, die für die Lehre von den Verwandtschafts- Verhältnissen, der Lebensweise und der Verbreitung jener kleinen Lebewesen große Bedeutung besitzen.

Mit weniger beträchtlichen Mitteln ist die systematische Erforschung der Flora und Fauna von Binnengewässern in Angriff genommen worden. Am meisten von sich reden macht die Untersuchung des Plöner Sees in Holstein, an dessen User Preußen eine eigene Forschungsstation errichtet hat. Auch der Bodensee wird von sämmtlichen Userstaaten aus systematisch studirt. In der jüngsten Zeit endlich hat Pettenkoser die allgemeine Aufmerksamkeit auf die Pflanzenwelt unserer Flüsse gelenkt, da sie hauptsächlich es ist, welche jene durch ihren Lebensproceß von den Verunreinigungen befreit, die ihnen von den Userstädten her zugesührt werden. Auch hier handelt es sich wesentlich um mikroskopisch kleine Gewächse, da einigermaßen rasch fließende Gewässer, von