Wer ist musikalisch?
Nachgelassene Schrift von
Theodor Billroth.
Vorwort des Herausgebers»
sNachdruck untersagt.s
Liebe und Talent für Musik zeigten sich bei Billroth früh entwickelt; er pflegte diese Eigenschaft als eine ererbte zu betonen. Seine Großmutter, Frau Wilckens, geb. Willich, hatte als Sopransängerin an der Berliner Oper gewirkt neben dem seiner Zeit berühmten Tenoristen En nicke, dem ersten „Florestan" in Berlin. Dieser war der Großvater von Billroth's Frau. „So bin ich," schrieb mir Billroth, „eigentlich ein Musik- und Bühnenkind." Als Knabe äußerte Billroth den lebhaften Wunsch, sich ganz der Musik zu widmen, ein Vorhaben, das an einem entschiedenen Widerspruch seiner Mutter scheiterte. Er ist ihr späterhin dankbar dafür gewesen. Keineswegs hat jedoch die Willensstärke, treffliche Frau die Liebe zur Musik in ihren Kindern unterdrücken wollen; im Gegentheil. Es ist noch ein Brief von ihr vorhanden, in Welchem sie aus Bergen nach Berlin, wo ihre Söhne studierten, an Theodor die Mahnung richtet, pünktlich zu den von ihr bestimmten Stunden seinem jüngeren Bruder Klavierunterricht zu geben! Für Billroth ist die Musik bis zu seinen letzten Tagen die treue, geliebte Begleiterin seines Lebens geblieben. Als junger Professor in Zürich versammelte er regelmäßig ein Quartett in seinem Hause und spielte dabei die Bratsche oder die zweite Violine. Auch Musikreserate schrieb er für die „Züricher Zeitung" und nahm überhaupt einen belebenden Einfluß aus die damals recht dürftigen Musikverhältnisse dieser Stadt. Da er nicht bloß ein tüchtiger Violin- und Klavierspieler war, sondern auch ein seiner Kenner und ernster Denker in musikalischen Dingen, so drängte es ihn in den letzten Lebensjahren, seine Ideen über Musik zu ordnen, zu präcisiren und zu Papier zu bringen. In diesem Vorhaben eiferte ich ihn gerne an, schien er mir doch durch seine Doppelstellung als gründlicher Musiker und genialer Physiolog in ganz einziger Weise berufen, das geheimnißvolle