Afrikanische Eindrücke.
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schossen von regelmäßigen, tief azurblauen Dämmerungsstrahlen, welche sich auch nach dem östlichen Himmel sortsetzten. In einem derselben erglänzte hell und leuchtend die Venus als Abendstern. Ganz versunken in das prächtige Schauspiel, konnten wir uns kaum satt sehen, während es aus unsere schwarzen Begleiter nicht den allergeringsten Eindruck machte.
Ist die Nacht hereingebrochen, so wölbt sich über uns die prachtvolle Zone des südlichen Himmels. Wennschon derselbe nicht die Fülle von Sternen erster Größe wie im Norden aufweist, so ist er dennoch schöner als unser Sternenhimmel. Sind es doch nicht allein jene Sterne erster Größe, welche dem Nachthimmel seine zauberhafte Pracht verleihen. Auch von dem berühmten südlichen Kreuz macht man sich leicht einen übertriebenen Begriff: es ist unregelmäßig aus vier, nicht einmal besonders leuchtenden Sternen zusammengesetzt. Die Gesammtheit ist es vielmehr, welche sich hier zu solch unvergleichlichem Bilde vereint; ein wundersames Gemenge von Sternen, großen und kleinen Nebelflecken, Nebelsternen, es ist die Anhäufung all dieser strahlenden, flimmernden Sterne, welche diese Wirkung hervorbringt, vor Allem der Milchstraße, welche hier eine besonders große Lichtfülle besitzt. Die allgemeine Helligkeit des Gesichtsfeldes als Folge der großen Lichtmenge, der Umstand, daß die un- gemeine Klarheit der Luft eine Menge Sterne bis zum Horizonte 'herab sichtbar erscheinen läßt, all diese funkelnde, glitzernde, zitternde Pracht hinterläßt auf ein dafür empfängliches Gemüth einen unvergeßlichen Eindruck. — Dazu kommt zuweilen noch die zur Zeit des Neumondes unendlich seine Mondsichel, und so lange der Mond nicht sichtbar ist oder noch keine Leuchtkraft besitzt, das geheimnißvolle Zodiakallicht. Als hoher abgerundeter Lichtkegel in leichter Neigung gegen den Horizont bildet es in seinem milden Glanze einen herrlichen Schmuck des tropischen Nachthimmels. Das Zodiakallicht folgt der untergegangenen Sonne oder kündet das Nahen der ausgehenden an. Wir vermögen diese eigenartige Erscheinung noch nicht zu erklären. Ob es ein großer zwischen Erde und Mars rotirender Nebelring oder die äußerste Schicht der Sonnenäthersphäre sei, darüber ist man noch im Ungewissen. Einen am entgegengesetzten Horizont aufsteigenden Lichtschein hat der Verfasser nie beobachten können trotz der Angaben einzelner Beobachter, trotz der meist unvergleichlich reinen Luft und trotz seiner eigenen guten Augen, welche ihn im Siebengestirn deutlich ohne Instrument elf Sterne erkennen ließen.
Auch die Venus leuchtet in den Tropen in ganz anderer Helligkeit als bei uns. Flammend steigt sie hinter dem Walde oder über Bergen empor, dem Verfasser wiederholt die Erscheinung eines mächtigen Feuerbrandes vortäuschend, bis sie, höher steigend, als kleine Scheibe sichtbar blieb. In klaren Nächten der Regenzeit leuchtet sie derart hell, daß alle Gegenstände in ihrem Lichte deutlich wahrnehmbare Schatten werfen, was einen sehr befremdenden Eindruck macht. Im Sommer 1881 konnte der Verfasser und dessen leider bald danach verstorbener College I)r. Kaiser die damals als Morgenstern erscheinende Venus sogar bis gegen zehn Uhr früh am Tageshimmel im matten Schein mit unbewaffnetem Auge beobachten.
Deutsche Rundschau. XXI, I. 8