Heft 
(1894) 81
Seite
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Notizen über Korea.

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welche Mr. Landor bei seinem letzten Besuch in Korea mit Eingeborenen gesührt hat, und von denen einige in der ^ortniMH- Reviorv" veröffentlicht werden.Was nützt es zu arbeiten und Geld zu verdienen," sagte ein intelligenter und kräftiger Koreaner,wenn nach gethaner Arbeit die Beamten kommen und das sauer ver­diente Geld eintreiben? Man hat sich durch Arbeit geschwächt und doch nichts verdient, ja man muß sogar sroh sein, wenn man nicht noch von demselben strengen und habgierigen Beamten zur Straft, daß man unter derartigen Bedingungen nicht weiter arbeiten will, nach einer entsernten Provinz verbannt wird." Unter solchen Umständen dars es nicht Wunder nehmen, wenn das seit Jahrhunderten unter trost­losem Druck schmachtende Volk sich gegen seine Peiniger ausgelehnt hat.

Ein eigenthümliches Kastenwesen herrscht bei den Koreanern. Nächst dem Könige stehen die Adligen, welche sich in Civil- und Militäradel scheiden. Alle Aemter und Würden sind in ihre Hände gelegt, wobei jedoch zu bemerken ist, daß der Civiladel über dem Militäradel steht. Der Adel kann auch vom Könige ver­liehen werden, wird aber dann durch eine nicht unwitzige koreanische Redensart als Adel ohne Wurzel" bezeichnet. Nach den Adligen kommen die Halbadligen, denen die niedrigen Staatsämter zugewiesen sind. Die Bürgerklasse, zu welcher die an­gesehenen Kausleute und die wohlhabenden Handwerker zahlen, zeichnet sich durch Intelligenz und Bildung vortheilhast aus. Das eigentliche Volk umsaßt die Bauern, Hirten, Jäger und Fischer, zwischen denen und den koreanischen Sclaven denn die Leibeigenschaft, wenn auch in milder Form, herrscht noch heute aus der koreanischen Halbinsel die sogenannteverächtliche Klasse" der Schlächter und Lederarbeiter liegt. Auch die Priester scheinen sich keiner besonderen Hochachtung zu ersreuen, was bei den religiös verwahrlosten Zuständen kaum Wunder nehmen kann. Die Leibeigenen, welche meist der Krone angehören, haben es in Korea relativ noch am besten, da sie von directen Abgaben befreit sind und gegen die Willkür der Beamten von den obersten Behörden häufig geschützt werden.

Die Sprache der Koreaner ist wesentlich von der chinesischen und japanischen verschieden. Die koreanische Nationalsprache, Oenmun genannt, gehört zur tar- tarischen Sprachfamilie und weist mit ihren elf Vokalen und vierzehn Konsonanten gewisse Ähnlichkeiten mit dem Sanskrit auf. Aber das Oenmun ist seit langer Zeit durch das Chinesische etwas verdrängt worden. Der Koreaner spricht zwar koreanisch, aber er schreibt chinesisch. Beim Schreibunterricht in den Schulen werden nur chinesische Zeichen gelehrt, und das Oenmun-Alphabet ist heute säst nur noch im niederen Volke bekannt. Die koreanische Schriftsprache, die über zwanzig Jahr­hunderte alt sein soll, besitzt für jeden Buchstaben und für jede Silbe ein be­stimmtes Zeichen. Die Zeichen, etwa zweihundert an der Zahl, sind einfacher und nicht so elegant wie die chinesischen. Von der alt-koreanischen Sprache hatten die in Korea weilenden französischen Missionare eine Grammatik und ein Wörterbuch versaßt, die jedoch bei den unausgesetzten Christenversolgungen zu Grunde gingen. Den Bemühungen eines geretteten Missionars gelang es, das nothwendige Material von Neuem zu sammeln und vor etwa zwölf Jahren in Yokohama eine koreanische Grammatik in französischer Sprache herauszugeben. Die Literatur des Landes ist im Gegensatz zur Chinesischen arm, auch fehlen in Korea alle Theatervorstellungen, die bei den Chinesen so beliebt sind. Fast alle Rechtsverhältnisse, der Kalender, Maße und Gewichte sind durchaus chinesisch, und ebenso erinnert die Bauart der koreanischen Städte vollständig an die Architektur in Peking oder Canton. So hat dies mächtige Reich es verstanden, aus seine Nachbarn, obwohl sie anderen Stammes sind und eine verschiedene Sprache reden, die eigene Cultur bis zu einem gewissen Grade zu übertragen und die ursprüngliche, sicherlich höchst eigenartige Entwicklung in völlig andere Bahnen zu lenken. Zutreffend ist daher China von einem der besten Kenner Korea'sdas Rom des asiatischen Ostens" genannt worden.

Äl.