Heft 
(1894) 81
Seite
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140 Deutsche Rundschau.

Gemeinde auch nicht auf die Grundbesitzer beschränkt, sondern kann ebenso Gewerbe­treibende, die an der Einrichtung direct Vortheil haben, zu Beiträgen heranziehen. Mancher kleinen Gemeinde wird es jetzt möglich sein, ein geordnetes Feuerlöschwesen einzurichten, wenn sie die Feuerversicherungs-Gesellschaften, die doch in erster Linie den Vortheil davon haben, zu den Kosten heranzieht.

Ein geradezu uferloses Meer betreten wir mit dem Gebiet derindirecten Steuern", welche den Gemeinden ausgeliesert sind. Zwar die Verbrauchssteuern sind so eingeengt, daß in der Hauptsache den Gemeinden nur die Biersteuer bleiben wird, die in der That ansängt, eine fast allgemeine städtische Communalsteuer zu werden. Hingegen ist in Bezug auf die Gebrauchssteuern fast gar keine gesetzliche Grenze gezogen. So hört man denn nicht bloß von den üblichen Beispielen, den Steuern auf Equipagen und Reitpferde: dem Fortschritte der Zeit folgend, wird auch das Fahrrad zur Steuer herangezogen. In der einen Stadt will man die Klaviere, in der anderen die Billards besteuern; hier hat Jemand eine Revolversteuer, dort ein Spaßvogel eine Steuer auf Monocles ausgeheckt. Ernstere Leute haben aber auch schon Gebrauchssteuern unter einen ganz anderen Gesichtspunkt gebracht. Sie sehen von einzelnen Gegenständen ab und unterwerfen das gefammte Mobiliar einer Gebrauchssteuer. Legt man dabei den Werth der Feuerversicherungspolice zu Grunde und zieht die Summe von der Versicherungsgesellschaft ein, so spielt hier jener Gedanke, die Gesellschaften an den Kosten der communalen Löschanstalten theil- nehmen zu lassen, mit. Schon wächst die Gebrauchssteuer über den Bereich der Mobilien hinaus. Man hat eine Gebrauchssteuer auf Balkons, Erker, Altane und ähnliche Ausbauten erfunden, weil dieselben auf städtischen Boden hinausragen und also in der indirecten Steuer nur eine Art Platzmiethe entrichten. Eine von jenen Beweisführungen, die nicht dazu bestimmt sind, zu begründen, sondern nur den Andern zum Schweigen zu bringen. Denn für Denjenigen, der die Gebrauchssteuern ausdehnen will, bedarf es keiner Begründung. Er kann nicht nur die Balkons, sondern das ganze Gebäude mitsammt dem Grund und Boden, auf dem es steht, einer Gebrauchssteuer unterwerfen. Ja, er kann schließlich sagen, daß der Mensch Alles, was er besitzt, gebraucht oder gebrauchen kann, und so den Gemeinden indirect das Recht geben, das gefammte Vermögen zu besteuern, während das Gesetz ihnen die directe Vermögensbesteuerung entzogen hat. Er braucht sich aber andererseits nicht auf den Besitz von Gegenständen zu beschränken. Gebraucht werden auch die Dienstleistungen von Menschen. Auch eine Dienstbotensteuer ist eine Gebrauchssteuer. Gegenüber dieser unabsehbaren Erweiterung des Besteuerungsrechts fällt es kaum ins Gewicht, daß das Communalabgabengesetz auch der einzigen bisher üblichen Gebrauchsabgabe, der Hundesteuer, gedenkt und ihre bisherigen Beschränkungen auf­hebt. Die Gemeinden können den Hund jetzt über 20 Mark hinaus belasten, und auch der Ofsiciershund muß seinen Beitrag zum Besten der Gemeinde ver­wenden lassen, während er bisher zum Besten der Garnison verwendet wurde. Die indirecte Steuer muß sich nicht gerade an Verbrauch oder Gebrauch anlehnen. Sie kann den Gegenstand erfassen in dem Augenblick, wo er von der einen Hand in die andere übergeht, und erscheint dann alsVerkehrssteuer". Solche Besitz­wechsel-Abgaben, soweit sie reichsgesetzlich noch zugelassen, sind am einträglichsten bei den Immobilien. In der That hat die Jmmobiliar-Umsatzsteuer, welche sich in Frankfurt am Main, in Danzig, Hildesheim, Emden, Kiel und Altona theilweise aus dem Mittelalter her erhalten hat, jetzt plötzlich wie eine Wiederentdeckung ge­wirkt, und der alterthümliche Frankfurter Name derWährfchaftssteuer" fängt an, in den Sprachschatz einzudringen. Die Steuer beträgt neben der einprocentigen Stempelabgabe an den Staat in der Regel ebenfalls 1 Procent; in Frankfurt a. M. ist sie neuerdings noch um ein halbes Procent erhöht worden. In Städten mit lebhaft entwickelter Bauspeculation kann eine schwere Belastung der Grundstücks­verkäufe diese seltener machen und so den Preistreibereien der Speculation ihren wirksamsten Hebel, die Häufigkeit von Kauf und Verkauf, nehmen. So übt diese