Wlrthschafts- und finanzpolitische Rundschau.
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Abgabe (namentlich wenn sie sich bestrebt, die Werth st ei gerungen stärker zu treffen) einen gewissen Einfluß auf Mäßigung des Bodenpreises und kommt einer Lösung der Wohnungsfrage zu Gute. Sächsische Städte, wie Leipzig, Dresden, Chemnitz, beschränken die Abgaben nicht aus den Verkauf, sondern erheben sie auch im Falle der Schenkung und der Erbschaft. Von hier ausgehend, können die Gemeinden auch zu einer allgemeinen Erbschaftssteuer, selbst zu einer progressiven gelangen. — Wer Schematismus liebt, mag als Unterart der Verkehrssteuern die Steuer auf den „Verkehr mit Gütern der Geselligkeit" bezeichnen. Verständlicher wird man, wenn man von einer solchen Schematisirung absieht und kurzweg von „Lustbarkeitssteuern" spricht. Eine hübsche Liste von allen möglichen Lustbarkeiten gewährt die Steuerordnung, welche der Minister seiner Anweisung als Muster beigegeben hat. Tanzvergnügen und Tingeltangel, Concerte und Theater, Vorstellungen von Kunstreitern und Seiltänzern, von Taschenspielern, Zauberkünstlern und Bauchrednern, Caroussels, Würfel- und Schießbuden, Kasperletheater, kurzum alle Freuden von Groß und Klein sind aufgezählt und unter Steuer gestellt. Ob es finanziell klug ist, den Kreis der zu besteuernden Lustbarkeiten möglichst weit zu ziehen, kann zweifelhaft sein. Frankfurt a. M. hat eine solche allgemeine Lustbarkeitssteuer besessen und hat sie wieder ausgegeben, hingegen eine einzige specielle Lustbarkeitssteuer, die aus Theaterbillets, beibehalten und zieht aus ihr allein jährlich 100 000 Mark. Die Franzosen, die Meister der indirecten Steuer, heften sich an die Form, in welcher die Menschen mit gewisser Regelmäßigkeit ihre Lustbarkeitsopser darbringen, die des Vereines, und treffen mit einer zwanzigprocentigen Steuer aus die Vereinsbeiträge die Lustbarkeit desto höher, je theurer sie ist, während man bei uns die einzelnen Vergnügungen mit gleichmäßigen Sätzen zu treffen sich begnügt und Vereine wie private Gesellschaften frei ausgehen läßt. Auch nachdem die gesetzliche Beschränkung aus ö s s e n t l i ch e Lustbarkeiten gefallen ist, soll doch die Steuerpflicht privater Vergnügungen nur dann betont werden, wenn die private Form bloß zum Zweck der Hinterziehung gewählt ist. — Die geradezu unerschöpfliche Fülle von Steuermöglichkeiten läßt unter den indirecten Steuern immer nur eine Auswahl zu, welche nothwendiger Weise den Charakter einer gewissen Willkür tragen muß. Daher werden die indirecten Steuern von den Betroffenen drückender empfunden, weil niemals genügend motivirt werden kann, weswegen gerade diese und nicht auch andere indirecte Steuern aufgelegt werden. Was würde ein Bankier dazu sagen, wenn etwa wirklich eine communale Vertretung sich beikommen ließe, die Check- und Quittungssteuer, die der Reichstag, oder die Erbschaftssteuer, die der Landtag abgelehnt hat, kraft eigener Machtvollkommenheit einzusühren? Verfügen die Besitzenden in den heutigen communalen Vertretungen mit solcher Sicherheit über die Majorität, daß jene Befürchtungen ausgeschlossen sind, so können sie doch an derartigen Beispielen sich klar machen, wie indirecte Steuern aus einzelne Objecte von der Masse empfunden werden, die sie zu tragen hat, und die gleichwohl in den communalen Vertretungen heute zur Minderheit verurtheilt ist. Alles dies macht eine besonders ernste Prüfung der indirecten Steuern zur Pflicht. Wird dieselbe aber mit Besonnenheit durch geführt, so ist die principielle und ausnahmslose Verwerfung indirecter Gemeindesteuern wohl ein veralteter Standpunkt. Welchen Sinn hat es z. B., in Berlin die Bierverbrauchssteuer angeblich im Interesse der unteren Volksklassen zu bekämpfen, während gegenwärtig doch die Berliner Gemeinde bereits einen Braumalzsteuer-Zuschlag erhebt, welcher ausschließlich das einheimische Bier belastet, aber das auswärtige, also das „echte" Bier, sreilassen muß?
Eben in dieser Auswahl unter der Fülle von Steuermöglichkeiten liegt die allgemeinere Bedeutung, welche der Unzahl von Communalsteuer-Resormen zukommt, die in den preußischen Städten, Städtchen und Dörfern gegenwärtig vor sich geht. Hier werden in kleinem Maßstabe Steuerexperimente gemacht, deren Ergebnisse nachher aus staatlichem Boden ganz sicher einmal zur Verwerthung gelangen werden. Ist dies doch bei uns stets das Verhältniß von Kommunen und Staat aus dem