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Deutsche Rundschau.
„Meine liebe Effi . . . stellen Sie hin, Friedrich, ich werde schon Alles zurecht machen . . . meine liebe Effi, ich lasse Dich ja nicht allein aus Rücksichtslosigkeit oder Laune, sondern weil es so sein muß; ich habe keine Wahl, ich bin ein Mann im Dienst, ich kann zum Fürsten oder auch zur Fürstin nicht sagen: Durchlaucht, ich kann nicht kommen, meine Frau ist so allein, oder meine Frau fürchtet sich. Wenn ich das sagte, würden wir in einem ziemlich komischen Lichte dastehen, ich gewiß, und Du auch. Aber nimm erst eine Tasse Kaffee."
Effi trank, was sie sichtlich belebte. Dann ergriff sie wieder ihres Mannes Hand und sagte: „Du sollst Recht haben; ich sehe ein, das geht nicht. Und dann wollen wir ja auch höher hinauf. Ich sage wir, denn ich bin eigentlich begieriger danach als Du . . ."
„So sind alle Frauen," lachte Jnnstetten.
„Also abgemacht; Du nimmst die Einladungen an nach wie vor, und ich bleibe hier und warte auf meinen ,hohen Herrrü, wobei mir Hulda unterm Hollunderbaum einfällt. Wie's ihr Wohl gehen mag?"
„Damen, wie Hulda, geht es immer gut. Aber was wolltest Du noch sagen?"
„Ich wollte sagen, ich bleibe hier und auch allein, wenn es sein muß. Aber nicht in diesem Hause. Laß uns die Wohnung wechseln. Es gibt so hübsche Häuser am Bollwerk, eins zwischen Konsul Martens und Consul Grützmacher und eins am Markt, gerade gegenüber von Gieshübler; warum können wir da nicht wohnen? Warum gerade hier? Ich habe, wenn wir Freunde und Verwandte zu Besuch hatten, oft gehört, daß in Berlin Familien ausziehen wegen Klavierspiel oder wegen Schwaben oder wegen einer unfreundlichen Portierssrau; wenn das um solcher Kleinigkeiten willen geschieht . . ."
„Kleinigkeiten? Portiersfrau? das sage nicht . . ."
„Wenn das um solcher Dinge willen möglich ist, so muß es doch auch hier möglich sein, wo Du Landrath bist und die Leute Dir zu Willen sind und viele selbst zu Dank verpflichtet. Gieshübler würde uns gewiß dabei be- hülflich sein, wenn auch nur um meinetwegen, denn er wird Mitleid mit mir haben. Und nun sage, Geert, wollen wir dies verwunschene Haus aufgeben, dies Haus mit dem . . ."
„. . . Chinesen willst Du sagen. Du siehst, Esst, man kann das furchtbare Wort aussprechen, ohne daß er erscheint. Was Du da gesehen hast oder Was da, wie Du meinst, an Deinem Bette vorüberschlich, das war der kleine Chinese, den die Mädchen oben an die Stuhllehne geklebt haben; ich wette, daß er einen blauen Rock an hatte und einen ganz flachen Deckelhut mit einem blanken Knopf oben."
Sie nickte.
„Nun siehst Du, Traum, Sinnestäuschung. Und dann wird Dir Johanna Wohl gestern Abend 'was erzählt haben, von der Hochzeit hier oben ..."
„Nein."
„Desto besser."