Heft 
(1894) 81
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Deutsche Rundschau.

demnach eine um so bedeutendere, als sie nur einen Theil des Grundbesitzes tras, während der andere wenig oder gar nicht verschuldet war.

Hinsichtlich der Ursachen der Verschuldung herrscht unter den Conferenz- mitgliedern solgende Auffassung: ein wesentlicher Grund sür die hypotheka­rische Verschuldung des Grundbesitzes liegt in den rückständigen Kaufschillingen und Erbgeldern, sodann in dem Nothstandscredit, von dem namentlich in den letzteren Jahren in größerem Umsange Gebrauch gemacht worden ist. Aber auch darin, daß in den letzten Jahren schwebende Schulden bei den Commissionären, Bankiers, Kausleuten und Verwandten der Besitzer consolidirt und hypotheka­risch eingetragen worden sind. Hier und da gehören hierher unzweifelhaft auch die zum Theil großartigen Aufwendungen, die namentlich in früheren Jahrzehnten sür Meliorationszwecke gemacht worden sind. Sie dienten der Verbesserung der Gebäude, des Viehstandes und des todten Inventars, der Durchführung der Drainage, dem Gebrauch künstlicher Düngemittel und des Kraftfutters u. s. w. So führte ein Conferenzmitglied an, daß das Gut, das sein Vater vor fünfzig Jahren sür 200 000 Mark gekauft hatte, jetzt im Preise auf 600000 Mark gestiegen sei, und daß diese Summe repräsentirt werde allein durch die Capitalverwendungen, die mittlerweile (ob Wohl in zweckmäßiger Weise?) gemacht worden sind, sowie durch die Pertinenzen.

Ist nun aber ein theilweiser Nothstand vorhanden und weiß man nur nicht, wie weit derselbe reicht, so hätte allen Betheiligten, wie man annehmen sollte, viel daran liegen müssen, seinen Umfang, seine Tiefe und seine Ursachen zisfermäßig genau sestzustellen. Und in der That ist bereits vor zehn Jahren der Weg angegeben worden, auf dem diese Ermittlungen vorzunehmen gewesen wären. Aber obgleich die damals im deutschen Landwirthschastsrath und preußischen Landesökonomiecollegium gestellten Anträge von diesen Körper­schaften fast einstimmig angenommen worden waren, so ist ihre Durchführung doch an dem Widerstreben hauptsächlich des damaligen preußischen Finanz­ministers gescheitert. Gegen eine im großen Stil nach englischem Muster vorzunehmende Enquete wurde die Kostenfrage ins Feld geführt. Diese hat auch die Ausnahme einer allgemeinen Statistik der hypothekarischen Verschuldung des Grundbesitzes gehindert, und außerdem wurde gegen die letztere noch die Unsicherheit der Resultate angeführt. Und in der That ist die Zahl der in den Grundbüchern eingetragen stehenden Hypotheken eine viel größere als die der tatsächlich vorhandenen, da ein Theil der bezahlten Forderungen nicht gelöscht zu werden Pflegt. Wie groß diese Differenz sein kann, das zeigte der bereits einmal angezogene Gewährsmann, indem er sür solgende Gemeinden des rein ländlichen Landgerichtsbezirks Erkelentz (preußische Rheinprovinz) das Verhältniß der im Grundbuch stehenden zu den effectiv vorhandenen hypotheka­rischen Schulden auf Grund der Grundbuch-Anlegungsarbeiten ermittelt hat. Dieses Verhältniß War in der Gemeinde:

eingetragene Hypothek vorhandene Hypothek in Reichsmark

Kückhoven . . 711 417,77 397 169,34

Holzweiler . . 889 900,43 692 036,40