Heft 
(1894) 81
Seite
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Deutsche Rundschau.

Intervention einer öffentlichen Rentenbank die Abfindung in gegen Geld ver­äußerbaren Rentenbriefen erfolgen.

Auch wurde der Gedanke angeregt, dahin zu wirken, daß der Anerbe, neben der Uebernahme der Rentenverpflichtung, sich als Zuschlag zu derselben zur Zahlung einer Prämie für eine Lebensversicherung entschließe, deren Erlöß, namentlich nach frühem Ableben des Anerben, zur Erleichterung der Erbschafts­auseinandersetzung dienen könnte.

Hinsichtlich der Art, wie das Anerbenrecht in Kraft gesetzt werden könnte, wurden folgende Möglichkeiten unterschieden:

Erstens, das System der dem einzelnen Grundbesitzer zur Eintragung völlig freigestellten Höserolle, wie es in einer Anzahl preußischer Provinzen, in Oldenburg u. f. w. heute besteht. Dieses für Hannover unter preußischer Herrschaft zuerst in Anwendung gekommene System erklärt sich am leichtesten durch den in Hannover herrschenden Dualismus, indem dort im Norden freies Verfügungsrecht bezw. freie Theilbarkeit der Höfe und gemeines Erbrecht, in den südlichen und mittleren Landestheilen dagegen Gebundenheit der Höfe und Anerbenrecht galten. Die facnltative Höferolle entsprach nun dem Bedürfnisse beider Landestheile, indem im südlichen und mittleren Hannover die Bauern­höfe, aber nicht nur diese, in die Höferolle eingetragen wurden, im Norden hingegen meist nicht. Der geringe Gebrauch, der von der Höferolle nach diesem System mit Ausnahme nur von Hannover (1893 waren eingetragen 66050 Höfe), Oldenburg (von 10 826 Besitzungen über 5 Hektar waren ein­getragen 9027), Bremen (von 772 Besitzungen derselben Größe waren ein­getragen 299) und Westfalen (1894 waren eingetragen 2326 Höfe) gemacht worden ist, ließen jedoch allgemein von diesem System absehen (es waren im Jahre 1893 eingetragen im Herzogthum Lauenburg 519, in Brandenburg 81, im Regierungsbezirk Kassel l44, in Schlesien 44, in Schleswig-Holstein 28 Höfe). Die Einführung desselben könnte allenfalls nur in solchen Landestheilen vor­läufig befürwortet werden, in denen, wie in der Rheinprovinz, in Hohenzollern n. s. w., die Agrarverfassung und Landessitte, zur Zeit wenigstens, der An­erbenfolge als Jntestaterbrecht sich nur widerwillig unterwerfen würde. Es würde, wie ein Mitglied der Konferenz ausführte, in der Nheinprovinz gegen die Einführung des Anerben-Jntestaterbrechts durch die Errichtung von Testa­menten allgemein reagirt und auf diese Weise die Anwendung des Anerben- Jntestaterbrechts vereitelt werden.

Um der Höferolle eine größere Wirksamkeit zu sichern, wurde dann zweitens vorgefchlagen, an die Stelle dtzr freien Initiative des Einzelnen die autoritative Eintragung der Höfe in die Rolle durch die Behörden zu fetzen. Bei der Ausführung dieses Vorschlags ist nun wieder ein doppelter Modus denkbar: entweder werden die einzelnen Besitzer vor der Eintragung ihrer Güter in die Rolle gefragt und es genügt dann der Widerspruch der­selben, um die Eintragung zu unterlassen: oder es erfolgt die Eintragung ohne Befragung, in welchem letzteren Falle dem Besitzer für den einzelnen Ver­erbungsfall jedoch gestattet sein soll, durch letztwillige Verfügung oder auf andere Weise die Vererbung nach Anerbenrecht auszuschließen. Gegen den