Heft 
(1894) 81
Seite
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Dmtsche Rundschau.

Nicht viel größeren Anklang fand der von dem Conferenzmitgliede Wen- dorff vorgeschlagene Plan,eine Grenze der Verschuldung zu finden in der Zeit, für welche die ländlichen Grundstücke belastet und Annuitäten ver­sprochen werden dürfen." Es handelt sich also nach diesem Plan um eine Zwangstilgung sämmtlicher hypothekarischer Schulden unter Bemessung der Tilgungsfrist nach der größeren oder geringeren Sicherheit der Forderungen.

Verschieden von dem eben besprochenen radicalen Vorschläge haben, wie bereits oben erwähnt wurde, Sering und zugleich mehrere andere Conferenz- mitglieder, wie Schmoller, Conrad, von Buch, Gierte, von Gustedt, von Plötz, von Puttkamer-Plauth eine allmälige, unter Zustimmung der betreffenden Grundbesitzer vor sich gehende Unterwerfung ihrer Güter unter die Verschul­dungsgrenze befürwortet. Auf diese Weise hofft man, die befürchtete große Katastrophe zu vermeiden und die Aenderung auf einzelne Punkte und einen großen Zeitraum zu vertheilen. Gewiß ist, daß dieser Modus das für sich hat, daß er nicht auch diejenigen Güter einem neuen Agrarrecht unterwirft, die desselben gar nicht bedürfen, sondern daß er die Selbstbeschränkung der einzelnen Grundbesitzer lediglich als Strafe für Fehler, die in der Vergangen­heit begangen worden, wie als Sicherheitsmaßregel für die Zukunft zur Gel­tung bringt. Auch darf aus dem Umstande, daß das Princip der freiwilligen Unterwerfung unter das Anerbenrecht sich nicht bewährt hat, nicht geschloffen Werden, daß dieses Princip zu demselben Resultate auch aus dem Gebiete der Verschuldungsbegrenzung führen müsse, und zwar deshalb nicht, weil dort in den Gerichtskreis der Bauern hauptsächlich Gründe fielen, welche ihnen die Eintragung ihrer Güter in die Höferolle unerwünscht erscheinen ließen (Un­bekanntschaft mit der Maßregel, Abrathen der Beamten und der Familien­glieder, Nichtmitthun der übrigen Bauern n. s. w.), während hier eine Reihe von Reizmitteln für den Grundbesitzer gegeben sind, die zu seiner Unterwerfung unter die Verschuldungsgrenze führen werden.

Eine noch weitere Abschwächung des Gedankens, den ländlichen Grund­besitz gleichzeitig einer Maximalgrenze der hypothekarischen Verschuldung zu unterwerfen, liegt in dem von Paasche gemachten Vorschläge, es möge nach dem Vorbilde des für die Erbpächter des mecklenburg-schwerinschen Domaniums geltenden Rechtes, für alle dem freien Verkehr unterworfenen Grundbesitzer Preußens in dem in Zukunft zu erlassenden Anerbenrechtsgesetze ausdrücklich ausgesprochen werden, daß die Besitzer das Recht haben sollen, durch Testament die hypothekarische Verschuldung des zu ihrem Nachlasse gehörigen Grund­stückes über eine bestimmte Höhe hinaus auszuschließen. Ueber diese Maximal­grenze hinaus soll es nur dann gestattet sein, Meliorationscredit aufzunehmen, wenn die Verwendung der betreffenden, auf dem Wege des Credits beschafften Summe unter die Controle der Generalcommission gestellt, und wenn diese Summe zugleich einer starken Amortisation unterworfen wird.

Die größte Schwierigkeit dürfte übrigens nicht in der Errichtung und Revision einer Grenze für die Verschuldung des ländlichen Grundbesitzes liegen, sondern in der Schaffung der Voraussetzung für eine solche Beschränkung. Dieselbe liegt in der Befreiung der Grundbesitzer von der Ueberschuldung, d. h. von einer Last, die sie nicht zu tragen vermögen.