Heft 
(1894) 81
Seite
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Ostasiatische Probleme.

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Geld für den ihm unentbehrlich gewordenen Genuß zu verschaffen, aber dem so weit gesunkenen Opiumraucher fehlt es an der körperlichen wie an der geistigen Kraft zur Begehung eines Verbrechens, denn der Opiumrausch bringt Ermüdung und Erschlaffung, nicht Aufregung und Ueberreizung hervor.

Niemand wird in Abrede stellen, daß die Thätigkeit der Missionare, so lange dieselben. Jeder in seinem Kreise, gegen den Gebrauch des Opiums wirken, eine segensreiche sein kann und vielfach auch unzweifelhaft gewesen ist; aber die öffentliche Agitation der protestantischen Missionare, namentlich der eng­lischen, gegen den Opiumhandel ist weit entfernt davon, gute Früchte getragen zu haben. Die oft mit Entstellung der Thatsachen gegen die eigene Regierung geführte Polemik hat nur der fremdenfeindlichen Partei in China einen Vor­wand und ein Thema für weitere Aufhetzungen gegeben, und wenn England und den Engländern heute durch die große Menge mehr, als sie es verdienen, die Schuld an der Einführung und Verbreitung des Opiumrauchens zu­geschrieben wird, so können sie sich dafür bei den Missionaren ihrer eigenen Nationalität bedanken. Einen praktischen Erfolg haben die Missionare aller­dings aufzuweisen und der ist, daß nach dem, im Wesentlichen der Einwirkung von Exeter Hall zuzuschreibenden Abschluß der Convention von 1885 der Anbau von Opium in ganz China legalisirt worden ist und in einer Weise zugenommen hat, daß jetzt die Production des Inlandes weit, vielleicht zwei oder drei Mal die von Indien eingesührten Mengen übersteigt. Zwar suchen sich die Missionare über diesen Erfolg ihrer Agitation mit der Hoffnung zu trösten, daß das chinesische Product das indische bald ganz verdrängen und die chinesische Regierung dann im Stande sein werde, auch den Anbau im Innern Wieder zu unterdrücken; aber abgesehen davon, daß sich auch diese Annahme als irrthümlich erweisen dürfte, ist es doch immer ein gewagtes Spiel, den Teufel durch Beelzebub vertreiben zu wollen.

Auch in anderer Beziehung haben die protestantischen Missionare in der Be­kämpfung des Opiumrauchens keine glückliche Hand gehabt. Bei der 1890 in Shanghai stattgefundenen Missionarconserenz erklärte I)r. Boone aus Shanghai als Bevollmächtigter derNsciieai Mssionar^ ^ssoeiation ot OInnaZ daß mit dem Verkauf von sogenannten Anti-Opiumpillen, welche Morphium oder andere Opiumpräparate enthielten, der gröbste Mißbrauch getrieben würde. Ein großer Handel in solchen Pillen oder Pulvern sei in China entstanden und wachse täglich; in einigen Theilen des Landes seien es die eingeborenen Christen und Prediger, welche diese Mittel verkauften, in erster Linie allerdings mit dem Wunsche, das Opiumrauchen zu unterdrücken; bald aber hätten sie gefunden, daß bei dem Ge­schäft Geld zu verdienen sei.Mir ist von Canton, Amoy und Swatow aus das Bestimmteste versichert worden," fährt vr. Boone fort,daß die eingeborenen Christen durch die Gewohnheit, Geld aus dem Verkauf dieser Medicamente zu erzielen und sich zu bereichern, verdorben würden und daß sie ihren ersten Zweck, den Opiumraucher zu heilen, ganz aus dem Gesicht verloren hätten. Ich bin ferner auf glaubwürdige Weise benachrichtigt worden, daß in Süd­china Morphium unter dem NamenJesusopium" bekannt ist, und daß die Christen als die Verbreiter dieser Sitte (des Opiumeffens) angesehen werden."