Heft 
(1894) 81
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Ostasiatische Probleme.

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aus, die griechisch-katholische Mission. Als nach der Eroberung und Zer­störung Albazin's am Amur 1689 die dort gefangenen Russen nach Peking ge­bracht und alsrussische Centurie" einem Banner einverleibt und in einem besonderen Quartier der Stadt angesiedelt wurden, gestattete der Kaiser ihnen, ihren Gottesdienst frei auszuüben und gab ihnen zu dem Zweck sogar einen buddhistischen Tempel, aus welchem er die Götzen hatte entfernen lassen. Der Erzbischof von Tvbolsk, der hiervon Kenntniß erhielt, sandte die erforderlichen kirchlichen Geräthe und empfahl den Albazinern, bei dem Gottesdienst für den Bogdokhan, die russische Bezeichnung für den Kaiser von China, als den Be­schützer ihres Glaubens zu beten.

Seit 1716 steht ein Archimandrit an der Spitze dieser gewöhnlich aus zwei bis drei Mönchen bestehenden Mission, deren Thätigkeit sich fast aus­schließlich auf die Seelsorge der aus der Ehe mit chinesischen Frauen stammen­den Nachkommen der russischen Gefangenen, vierzehn bis fünfzehn Familien mit ungefähr hundertundsechzig Seelen, und von vielleicht zweihundert- sünszig anderen Christen beschränkt, von denen fünfzig in einem kleinen Dorfe in der Nähe von Peking wohnen, wo sie zu Anfang der siebziger Jahre dieses Jahrhunderts durch den Pater Jsai bekehrt worden sind. Größere Erfolge hat die Mission aus wissenschaftlichem Gebiete aufzuweisen gehabt; die Namen der Archimandriten Hyacinth (Bitschurin) und Palladius, wie auch der aus der früher mit der geistlichen Mission verbundenen Dolmetscherschule hervor­gegangenen Gelehrten Wassilheff, Tatarinow, Bunge und Gashkewicz sind weit, und mit Recht, bekannt.

Bis zum Jahre 1860 stand die Mission unter dem Asiatischen Departe­ment, seit dieser Zeit direct unter dem heiligen Shnod. Der Abwesenheit aller propagandistischen Bestrebungen hat die russische Mission es zu verdanken gehabt, daß sie im Großen und Ganzen von allen Verfolgungen verschont ge­blieben ist, und auch als der letzte katholische Missionar 1823 aus Peking ver­wiesen wurde, unbehelligt blieb. Auch in der Neuzeit hat sie, im Gegensatz zu der griechisch-katholischen Mission in Japan, wo der Pater, spätere Bischof Nicolas Kassatkine seit 1870 viele Tausende von Bekehrungen und die Gründung von nahe an zweihundert Gemeinden zu verzeichnen hatte, sich jeder Propa­ganda enthalten.

Aelter als die griechisch-katholische ist die römisch-katholische Missions- thätigkeit in China. Wenn man den Angaben des 781 errichteten, 1625 in Singansu wieder aufgefundenen berühmten Denkmals Glauben schenken darf, würde der erste nestorianische Missionar China schon 635 erreicht haben. Den Nestorianern scheint, trotz mancher Verfolgungen, denen sie alsfremde Priester aus Tatsin" (Syrien) zugleich mit persischen Magiern und eingeborenen Buddhisten und Taoisten ausgesetzt waren, das Glück gelächelt zu haben; ganz besonderen Einfluß gewannen sie aber unter den Herrschern der Mongolen- Dynastie (12061367), von welchen sie sogar einige zum Christenthum bekehrt haben wollten; jedenfalls findet man in den Berichten gleichzeitiger Reisenden häufig die Erwähnung nestorianischer Kirchen, Priester und dieser Secte un­gehöriger, in mongolischen Diensten stehender Beamten. In diesen Beziehungen