Heft 
(1894) 81
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Deutsche Rundschau.

zu der mongolischen Dynastie mag auch die Veranlassung gelegen haben, daß die Nestorianer in den Sturz derselben verwickelt wurden. Seit der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts sind sie aus China verschwunden, ohne daß andere Spuren ihrer Thätigkeit übrig geblieben wären, als das Denkmal in Singanfu und einige Stellen in sremden und chinesischen Autoren.

Zur Zeit der Mongolen-Dynastie kamen auch die ersten rechtgläubigen katholischen Priester nach China, sreilich zuerst nicht als Missionare, sondern als päpstliche und königliche Gesandte. Der Siegeszug der Mongolen durch Asien und ihre Bedrohung Europa's veranlaßten den Papst Jnnocenz IV., 1240 von Lyon aus, wo ein Concil versammelt war, Gesandte an Baitu und den Groß-Chan zu schicken, ein Beispiel, dem bald darauf König Ludwig IX., der Heilige, von Frankreich, von Cypern aus folgte. Die ganze zweite Hälfte des 13. Jahrhunderts ist mit Verhandlungen zwischen den Dschingissiden, wie sie Ranke sehr treffend nennt, und dem christlichen Europa angefüllt. Während die ersteren anfänglich einen sehr hohen Ton annahmen und die Unterwerfung des Papstes und der Fürsten unter ihre Oberhoheit verlangten, gewann das Bedürfniß nach einer Verständigung mit den christlichen Mächten gegenüber dem gemeinsamen Feinde, den Saracenen, allmälig die Oberhand, so daß die späteren Annäherungsversuche meistens von den mongolischen Fürsten aus­gingen. Aus christlicher Seite fehlte es an dem politischen Verständniß und namentlich an der politischen Einigkeit, welche eine über schöne Redensarten hinausgehende Verständigung mit den Mongolen ermöglicht haben würde, und die Päpste, die sich am Eifrigsten zeigten, legten größeren Werth aus die Be­kehrung der Mongolen, als aus ein politisches Zusammengehen. Es macht einen fast komischen Eindruck, wenn Arghun-Chan von Persien verspricht, nach der mit gemeinsamen Kräften ins Werk zu setzenden Eroberung von Jerusalem, den christlichen Glauben anzunehmen, und Papst Nicolas IV. ihm empfiehlt, dies lieber vorher zu thun. da eine solche Handlungsweise nicht verfehlen könne, ihm den Schutz des Himmels zu verschaffen und also die beabsichtigte Er­oberung zu erleichtern.

Bei den Verhandlungen,' in welche die verschiedenartigsten Fragen, die Interessen der einzelnen christlichen Staaten, die Kämpfe zwischen Guelfen und Ghibellinen und die Versuche einer Verständigung zwischen der römischen und griechischen Kirche hineinspielten und die neben den Päpsten und Fürsten bald von Mönchen, wie Anselm. Plano Carpini und Rubruk oder den christlichen Gemahlinnen mongolischer Fürsten, aus dem Geschlecht der Palaeologen und der armenischen Könige, bald von Abenteurern, im guten Sinne, wie die Vasalli, Buscarell und die Polo geführt wurden, war es keiner der Hauptpersonen Ernst mit dem, was der anderen Partei zumeist am Herzen lag; der Papst wollte die Bekehrung des Groß-Chans und gebrauchte die politische Frage nur zu diesem Zweck, während für die Kaiser von China und die Herrscher der anderen mongolischen Reiche ihre mögliche Bekehrung nur eine Vorspiegelung war, mit der sie den Papst und die christlichen Fürsten zu täuschen und zu gewinnen hofften. So blieben die Verhandlungen nach jeder Richtung hin er­folglos. und es war schließlich dem Glaubenseifer und der Aufopferung der