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Deutsche Rundschau.
träger zu sichern. Als er 1610 starb, wurde er allgemein betrauert und der jetzt noch in Peking als der portugiesische Kirchhof bekannte Begräbnißplatz für seine letzte Ruhestätte angewiesen. Er liegt dort unter einem chinesischen Denkstein, vor dem sich eine steinerne Tafel mit ebensolchen Opfergesäßen befindet. Pater Ricci war stets der Meinung gewesen, daß die Ansichten der Chinesen möglichst geschont und im Anschluß an dieselben ihre Bekehrung versucht werden müsse; sein von ihm selbst bestellter Nachfolger Nicolas Lon- gobardi theilte diese Auffassung durchaus nicht und legte damit den Keim zu den Streitigkeiten, die später den Jesuiten und mit ihnen der ganzen christlichen Missionsthätigkeit in China so verderblich wurden. Bald sollte es sich trotz der anscheinend günstigen Erfolge zeigen, daß der Haß der Literaten und Beamten gegen die fremden Neuerer nicht ruhe, und 1616 erging von Peking, auf den Antrag der Behörden in Nanking, der Befehl, alle Missionare zu verhaften und ins Gefängniß zu werfen; selbst die in Peking im Astronomischen Amt Angestellten wurden von dieser Maßregel nicht ausgenommen. Indessen nahm die Verfolgung nur in Peking und Nanking einen acuten Charakter an, an allen anderen Plätzen fanden die Jesuiten willige Ausnahme und Schutz. Bald auch veranlaßten die immerwährenden Einfälle der Mandschus den neuen Kaiser Tien Ki (Wan-li war 1620 gestorben, sein Nachfolger Tai- Chang vier Monate später), die Missionare zurückzurufen, „um ihm Rath über die Art und Weise, wie man die Mandschus bekriegen könne, zu geben und Kanonen zu gießen, was sie besonders gut verständen". Die nächsten Jahrzehnte waren glückliche für die Mission, die 1627 in sieben Provinzen des Reichs, Kiangsi, Che-kiang, Kiang-nan, Shan-tung, Shan-si-Shensi und Chili 13 000 und zehn Jahre später mehr als 40000 Bekehrte zählte. Auch der Sturz der Ming-Dynastie 1643, die Besetzung Pekings durch den Rebellen Li-Tsze-ching und die bald darauf erfolgte Einnahme der Stadt durch die Mandschus änderten daran nichts, und der damalige Chef der Mission, Adam Schall aus Cöln, wurde von dem jungen Kaiser Shunchi 1615 zum Präsidenten des Astronomischen Amtes ernannt. Shunchi blieb Schall bis zu seinem 1661 erfolgten Tode gewogen und ertheilte u. A. drei Generationen seiner Vorfahren den ersten Rang. Es ist vielleicht nicht ohne Interesse, daran zu erinnern, daß dieselbe Auszeichnung vor wenigen Jahren dem verdienten Generalinspector der Seezölle, Sir Robert Hart, zu Theil geworden ist. Bei dem Begräbniß Shunchi's wie bei dem einer vor ihm gestorbenen, von ihm sehr geliebten Concubine, der nach ihrem Tode der Titel als Kaiserin verliehen worden war, fanden zum letzten Male die durch die mandschurische Sitte vorgeschriebenen Menschenopfer und Selbstentleibungen von Freunden und Dienern statt.
Der Nachfolger Shunchi's war der damals achtjährige, später so berühmt gewordene Kaiser Kang-Hi, während dessen einundsechzigjähriger Regierung allen Anstrengungen der Missionare zum Trotz und ungeachtet mancher Schwankungen zu ihren Gunsten die Aussichten der katholischen Mission sich, durch eigene Schuld, sehr verschlechterten. Gleich zu Anfang der Regierung des minderjährigen Kaisers griffen die Regenten zu den schärfsten Maßregeln gegen