Ostasiatische Probleme.
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uufgebahrten Verwandten, ohne zu untersuchen, ob die Leiche auch noch die Augen besitzt. — Bei Epidemieen können Fremde nicht vorsichtig genug sein. Als die Pest in diesem Jahre in Hongkong herrschte, glaubten selbst Chinesen, die Jahre lang als Diener bei Fremden gewesen waren, daß die Colonialregierung ihre erkrankten Landsleute umbringen lasse, und in Canton entgingen zwei protestantische Missionarinnen, die sich aus der Straße eines Sterbenden an- nahmen, nur mit Mühe dem Schicksal, von der argwöhnischen Menge zerrissen ,zu werden. Wundern kann man sich über derartige Auswüchse des dümmsten Aberglaubens nicht; gibt es doch bei uns genug Leute, die trotz aller Aufklärung und Bildung an das Blutritual der Juden glauben, und bei Epidemieen gehören Gerüchte von der Vergiftung der Brunnen und die sich daraus ergebenden Ausschreitungen leider auch nicht zu den Seltenheiten. Man hat daher Unrecht, selbst die albernsten Gerüchte zu mißachten, und thut am besten, Alles zu vermeiden, was denselben neue Nahrung geben kann.
In religiöser Beziehung würde man sich sehr irren, wenn man annähme, daß die gebildeten Chinesen auf einer so niedrigen Stufe ständen, als man uach dem krassen Aberglauben, dem sie oft huldigen, vorauszusetzen geneigt sein möchte. Die Disputationen der Kaiser Kanghi und Kienlung mit den päpstlichen Legaten und den Missionaren sind auf chinesischer Seite häufig Meisterwerke der Dialektik, und die Gründe, welche neuere chinesische Schriftsteller gegen die Lehren der Bibel Vorbringen, sind oft mindestens ebenso geistreich wie die des Bischofs Colenso. Bei der schon früher erwähnten Missionar- conserenz von 1890 hat der Rev. vr. Edkins einen Vortrag über die Tagesliteratur der Chinesen, insofern sie dem Christenthum feindlich ist, gehalten, der manche interessante Aufschlüsse über diesen Gegenstand bietet. Der eine Autor bestreitet die Möglichkeit der Himmelfahrt aus der bei steigender Höhe zunehmenden Verdünnung der Luft, der Andere greift die biblische Schöpfungsgeschichte an, weil nach ihr Sonne, Mond und Sterne der Erde wegen geschaffen worden seien, ein Dritter zieht die buddhistische Kosmogonie der christlichen vor, weil die erstere nach Aeonen, die letztere nur nach Tagen rechne. Alle aber sträuben sich gegen den Glauben an die Menschwerdung Gottes und die unbefleckte Empsängniß.
Es läßt sich nicht in Abrede stellen, daß die Uebersetzung und der Verkauf, resp. die Verkeilung vieler Theile der Bibel, namentlich des alten Testaments, ein großer Mißgriff ist, der die Sache des Christenthums ernstlich schädigt, und daß selbst viele Stellen des Neuen Testaments in den vorhandenen Uebersetzungen dem Chinesen absolut unverständlich bleiben müssen. Ein Redner auf der Konferenz von 1890 führte an, daß die Eingangsworte zu dem Evangelium St. Marcus: „Der Anfang des Evangeliums Jesu Christi, des Sohnes Gottes" in der Uebersetzung laute: „Gottes Sohn Je-su Ki-tuh glücklicher Ton Anfang," wovon jedes Wort ein Räthsel für jeden Chinesen sei und bleiben müsse. Man braucht dabei noch gar nicht an die Streitigkeiten zwischen den verschiedenen Secten über die Uebersetzung des Wortes „Gott" zu denken, die selbst unter den protestantischen Missionaren noch zu keiner Verständigung geführt. Haben doch noch 1880 eine Anzahl Missionare
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