Heft 
(1894) 81
Seite
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Deutsche Rundschau,

scheint manchmal einzelne dieser Posten als nnr von nebensächlicher Bedeutung angesehen zu haben, als Ruheposten sür Leute, die an andern Orten nichts geleistet hatten oder wenigstens keine besondere Qualifikation sür Ostasien be­saßen. Meiner Ansicht nach gibt es wenige wichtigere Posten, als die bei den Höfen von China und Japan und, wenn auch in einem geringeren Grade, in Siam, und doch ist es vorgekommen, daß Personen sür diese Posten er­nannt wurden, die keine persönliche Bekanntschaft mit dem Osten oder keine Kenntniß der Probleme besaßen, mit denen sie sich zu beschäftigen berufen Waren . . . Mir scheint im Osten noch viel Platz für eine diplomatische Lauf­bahn zu sein. Wir unterhalten in Tokio, in Peking und in Bangkok eine Anzahl sogenannter Dolmetscher-Eleven, die, nachdem sie eine vorläufige Prü­fung bestanden haben, nach dem Osten geschickt werden, dort einen gründlichen Unterricht in der Sprache des Landes, in dem sie so viele Zeit ihres Lebens zubringen sollen, erhalten, und dann in den Consulardienst übernommen werden. Aus ihnen sind Leute wie der verstorbene Sir Harry Parkes, dessen Namen in jedem Haushalt in China und Japan gekannt und geachtet ist, Mr. Satow, der jetzige britische Gesandte in Tanger, und Andere, deren Namen sich Jeder erinnert, hervorgegangen. Heute ist gerade so viel Gelegenheit sür die Hervorbringung solcher Leute als früher, und das Bedürfniß für sie ist noch größer. Ostasien verlangt Kenntnisse, die nur nach Jahren erworben werden können, und ein diplomatisches Talent, das zum Theil in der localen Atmosphäre erzogen worden sein muß. Die große Stellung, die der verstorbene Sir William White, der aus ähnlichen Anfängen hervorgegangen war, in Constantinopel erworben hatte, kann auch in Ländern erreicht werden, wo eine örtliche Frage vorliegt, die nicht weniger wichtig ist als die Herrschaft über den Bosporus und der Besitz der St. Sophia."

Was Mr. Curzon hier über die Vorbedingungen für den englischen diplo­matischen Dienst in Ostasien sagt, paßt noch viel besser aus den deutschen Consulardienst in China. Wer dorthin geht, muß wissen, daß er das sür seine ganze amtliche Laufbahn thut, und daß sein Fortkommen in derselben von seiner Kenntniß der chinesischen Sprache und seinem Anpassungsvermögen an die dortigen Verhältnisse abhängt. Darin liegt keine Härte; die Besol­dungen sind viel höher als in anderen Ländern, das materielle Leben ist mindestens ebenso angenehm, die Art der Berechnung der Dienstzeit ermöglicht die Pensionirung nach zwanzig Jahren activen Dienstes, und sür einen ge­bildeten Mann bieten die Länder so viele Anregung, daß Niemand eine Ver­knöcherung seiner geistigen Fähigkeiten zu befürchten hat. Gutes Material sür den Dienst in Ostasien kann man nur schaffen, wenn man aus der Kennt­niß der chinesischen Sprache die unumstößliche Bedingung zum Eintritt und zum Fortkommen in demselben macht, und keine Ausnahmen zu Gunsten einzelner Persönlichkeiten zuläßt. China darf, aus Kosten der allgemeinen Interessen, keine Durchgangsstation sür Leute sein, die schnellere Carriere machen wollen oder sollen.

Der materielle Schutz der sich in China aufhaltenden Deutschen ist eine Frage, die bei jeder innern oder äußern Complication, welche die Sicherheit