Das Kunstgewerbe auf der Berliner Kunstausstellung.
^Nachdruck untersagt.)
Die diesjährige Kunstausstellung ist geschlossen. Wieder einmal hat sie sich in'dem Eisenschuppen einrichten müssen, den man wie zum Hohn „Landesausstellungspalast" nennt. Man hatte gewisse Erwartungen an ihr Erscheinen geknüpft. Sie hieß nicht mehr, wie einhundertundsechs ihrer Vorgängerinnen, „Ausstellung der königlichen Akademie der Künste", sondern wie die von 1893 „Große Berliner Kunstausstellung". Man hatte in Künstlerkreisen seit einigen Jahren die Meinung lebhaft verfochten, daß die Akademie der Künste nicht geeignet sei, die gesammte Künstlerfchaft zu vertreten, daß hierbei die Richtung der „Alten" einseitig zum Ausdruck komme, daß die „Jungen" nunmehr ernstlich mitsprechen müßten. Aus langem Streit ist das Kompromiß erwachsen, daß die eine Hälfte der Ausstellungscommission von der Akademie, die andere vom Künstlerverein gewählt werde, und diese neu geschaffene Commission war im vorigen Jahre zum ersten Male thätig. Daß sich trotzdem die Ausstellung nicht bemerkbar von den früheren unterschied, konnte man auf die Kürze der Zeit schieben, welche zu eingreifenden Aenderungen nicht ausreichte; hatte man ein weiteres Jahr vor sich, so ließ sich ein neuer Weg ausfindig machen, auf dem alle frischen Regungen in der Kunst unbehindert voranschreiten und das etwas erlahmte Interesse des Publicums wieder gewinnen konnten. Den Beweis für die Richtigkeit dieser Hoffnungen zu bringen wird hoffentlich kommenden Jahren gelingen. Ein durchgreifender Unterschied gegen die früheren Zustände, etwa in der Art wie in München der Unterschied der Secessio- nisten vom Glaspalast, kann einstweilen nicht erwartet werden; die Herren, welche der Künstlerverein deputirt hat, wandeln keineswegs andere Pfade, als die Herren der Akademie, außerdem hat Düsseldorf seine Reservatrechte älteren Stiles behalten.
Etwas greifbar Neues war vielleicht nur die breitere Entfaltung der Architektur und die Aufnahme des Kunstgewerbes in den Rahmen der Kunstausstellung. Es ist verschiedentlich an mich die Aufforderung herangetreten, mich über diese erste Vorführung des Kunstgewerbes in so stolzem Rahmen zu äußern; es schien mir aber richtiger, den Schluß der Ausstellung abzuwarten, um nicht den vielen guten Willen, der sich hier gezeigt, zu kränken; außerdem war kaum Etwas vorgeführt worden, was nicht auf mancherlei anderen Ausstellungen schon gezeigt und besprochen worden wäre. Jetzt nach Schluß liegt kein Grund mehr vor, auf Einzelnes einzugehen; wir haben uns nur die allgemeine Frage zu stellen, ob der eingeschlagene Weg innerhalb dieser Gruppe richtig war und ob wir Wiederholungen gleicher Art wünschen sollen. Die Frage ist um so bedeutsamer, als für die Berliner Gewerbeausstellung von 1896 der Gedanke ausgetaucht ist, das Kunstgewerbe vom übrigen Gewerbe abzulösen und der Kunstausstellung anzrffchließen.
An sich ist die Einfügung kunstgewerblicher Erzeugnisse in die Säle der Gemälde und Sculpturen nicht unbedingt neu. Die Berliner Akademie hatte es in der ersten Hälfte dieses Jahrhunderts durchaus als ihre Pflicht angesehen, das Kunstgewerbe zu fördern; sie ernannte Lithographen, Steinschneider, Kalligraphen, Zinkgießer u. s. w. zu akademischen Künstlern und trug kein Bedenken, einen gut ausgeführten silbernen Tafelaufsatz, Cartons zu Glasfenstern, geschnittene Steine und Aehnliches gelegentlich auszustellen. Unter den architektonischen Zeichnungen fanden sich Gestühle, Kelche, Kronleuchter für die Kirchen, und von Seiten der