Heft 
(1894) 81
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Deutsche Rundschau.

die Sicherheit und die Freiheit im Conclave gesährdet sein könnte, er hege die volle

Ueberzeugung und befinde sich auch im Besitz der kategorischen Erklärung der ita­

lienischen Regierung, daß diese die unbeschränkte Freiheit und Unabhängigkeit des Conclave, sobald diese Eventualität eintreten sollte, mit allen ihr zu Gebote stehenden Mitteln zu sichern entschlossen sei und in dieser Beziehung mit derselben Loyalität Vorgehen werde, wie Lei der Wahl des Nachfolgers Pins' IX. Da Erzbischof Samassa an seine erste Frage die weitere geknüpft hatte, ob der Minister des Aus­wärtigen beabsichtige, bei der nächsten Papstwahl den Ueberlieserungen der Ver­

gangenheit gemäß vorzugehen, betonte Graf Kalnoky, es wäre kein Grund zu der Annahme vorhanden, daß jene Traditionen, die dem Kaiser und König von Oester­reich-Ungarn einen berechtigten Einfluß aus die Papstwahl gestatten, ausgegeben worden seien und nicht auch künftig nach den bestehenden Umständen zur Geltung gebracht werden sollen. Was die in diesen Erklärungen in Bezug genommene Ueber- lieferung betrifft, so nehmen Frankreich, Oesterreich und Spanien das Recht in An­spruch, gegen die Wahl eines ihnen mißliebigen Kardinals im Voraus, das heißt ehe die Stimmenmehrheit von zwei Dritteln aus einen Cardinal sich vereinigt hat, zu protestiren, indem jeder dieser Staaten, in der Regel insgeheim, einen Cardinal mit der sontentm exelullva betraut.

Jedenfalls war die von dem ungarischen Kirchensürsten an den Grasen Kalnoky gerichtete Interpellation nicht bloß tactlos, sondern auch durchaus müßig, da ge­rade in jüngster Zeit durch die vom Papste Leo XIII. angeordnete Errichtung einer von dem französischen geistlichen Präsecten unabhängigen italienischen Präfectur der Kolonie Eritrea, sowie durch die Ertheilung des königlichen Exequatur an mehrere italienische Bischöfe in den Beziehungen zwischen dem Vatican und dem Quirinal eine Besserung eingetreten ist. Ueberdies wird durch das gesammte Verhalten des italienischen Conseilpräsidenten bewiesen, daß der von ihm geleiteten Regierung daran gelegen ist, wenn auch nicht in absehbarer Zukunft eine Aussöhnung mit dem Papstthume herbeizusühren, doch innerhalb der durch die Verhältnisse gezogenen Grenzen eine Verständigung nicht principicll abzulehnen. Allerdings haben die Ultraradicalen und die mit ihnen zum Feldzuge gegen Crispi verbündeten Elemente aus den bezüglichen Zugeständnissen des italienischen Ministerpräsidenten neue Waffen gegen diesen schmieden wollen. Insbesondere soll ihm nicht verziehen werden, daß er in Neapel, als er die bei einer früheren Choleraepidemie von dem Cardinal-Erz- bischos bewiesene Menschenfreundlichkeit pries, die Nothwendigkeit der Religion im Staatsleben betonte. Crispi soll dadurch seine eigene politische Vergangenheit ver­leugnet haben.

In Wirklichkeit bekundet er nur von Neuem seine staatsmännische Begabung, wenn er, ohne Rechte der Staatsgewalt preiszugeben, in Bezug aus bestimmte Fragen einen Ausgleich mit der römischen Curie anzubahnen sucht. Bezeichnend in dieser Hinsicht ist, daß dieItulieft ein häufig die Anschauungen der italienischen Regierung widerspiegelndes Organ, gerade im Hinblick ans die nächste Papstwahl für die unbedingte Freiheit des Conclave eintritt. Die von dem Erzbischöfe Samassa von Erlau im ungarischen Delegationsausschusse eingebrachte Interpellation erfährt daher eine eigenartige Illustration, wenn von italienischer Seite gerade ein noch viel weiter gehender Schutz der Freiheit des Conclave in Aussicht gestellt wird. DieItalis" führt aus, daß, falls der Vatican sich entschließen sollte, diese Freiheit auf diplomatischem Wege zu vertheidigen, indem er die sactische und rechtliche Beseitigung des Vetorechtes verlange, das von Frankreich, Oesterreich und Spanien in Anspruch genommen werde, er in Italien, das heißt bei der italienischen Regierung, seine besten Freunde finden würde.Das Veto ist das Mittelalter, die Freiheit des Conclave ist die moderne Zeit." Dieser von dem der Regierung des Königs Umberto nahestehenden Blatte ausgestellte Satz wird in denjenigen Kreisen, in denen in Bezug aus die Freiheit der nächsten Papst­wahl Besorgnisse zur Schau getragen werden, jedenfalls überraschen. Die Be-