Heft 
(1894) 81
Seite
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Deutsche Rundschau.

Während dieser Worte waren sie, ganz wie's das Programm wollte, vom Strand her bis an eine schon halb im Schutze der Dünen ausgeschlagene Bank, mit einem äußerst primitiven Tisch davor, gekommen, zwei Psosten mit einem Brett darüber. Kruse, der vorauf geritten, hatte hier bereits servirt: Theebrötchen und Ausschnitt von kaltem Braten, dazu Rothwein und neben der Flasche zwei hübsche zierliche Trinkgläser, klein und mit Goldrand, wie man sie in Badeörtern kauft oder von Glashütten als Erinnerung mitbringt.

Und nun stieg man ab. Kruse, der die Zügel seines eigenen Pferdes um eine Krüppelkiefer geschlungen hatte, ging mit den beiden anderen Pferden auf und ab, während sich Crampas und Effi, die durch eine schmale Dünen­öffnung einen freien Blick auf Strand und Mole hatten, vor dem gedeckten Tische niederließen.

lieber das von den Sturmtagen her noch bewegte Meer goß die schon halb winterliche Novembersonne ihr fahles Licht aus, und die Brandung ging hoch. Dann und wann kam ein Windzug und trieb den Schaum bis dicht an sie heran. Strandhafer stand umher, und das Helle Gelb der Immortellen hob sich, trotz der Farbeverwandtschaft, von dem gelben Sande, darauf sie wuchsen, scharf ab. Effi machte die Wirthin.Es thut mir leid, Major, Ihnen diese Brötchen in einem Korbdeckel präsentiren zu müssen . . ."

Ein Korbdeckel ist kein Korb ..."

. . . Indessen Kruse hat es so gewollt. Und da bist Du ja auch, Rollo. Auf Dich ist unser Vorrath aber nicht eingerichtet. Was machen wir mit Rollo?"

Ich denke, wir geben ihm Alles; ich meinerseits schon aus Dankbarkeit. Denn sehen Sie, theuerste Effi ..."

Effi sah ihn an.

. . . Denn sehen Sie, gnädigste Frau, Rollo erinnert mich wieder an das, was ich Ihnen noch als Fortsetzung oder Seitenstück zum Vitzliputzli er­zählen wollte, nur viel picanter, weil Liebesgeschichte. Haben Sie 'mal von einem gewissen Pedro dem Grausamen gehört?"

So dunkel."

. . . Eine Art Blaubartskönig."

Das ist gut. Von so einem hört man immer am liebsten, und ich weiß noch, daß wir von meiner Freundin Hulda Niemeyer, deren Namen Sie ja kennen, immer behaupteten: sie wisse nichts von Geschichte, mit Ausnahme der sechs Frauen von Heinrich dem Achten, diesem englischen Blaubart, wenn das Wort für ihn reicht. Und wirklich, diese Sechs kannte sie auswendig. Und dabei hätten Sie hören sollen, wie sie die Namen aussprach, namentlich den von der Mutter der Elisabeth, so schrecklich verlegen, als wäre sie nun un der Reihe . . . Aber nun bitte, die Geschichte von Don Pedro . . ."

Nun also, an Don Pedro's Hofe war ein schöner, schwarzer spanischer Ritter, der das Kreuz von Calatrava was ungefähr so viel bedeutet, wie schwarzer Adler und pour 1s msrits zusammen genommen auf seiner Brust trug. Dies Kreuz gehörte mit dazu, das mußten sie immer tragen, und dieser Calatrava-Ritter, den die Königin natürlich heimlich liebte . . ."