„Warum natürlich?"
„Weil wir in Spanien sind."
„Ach so."
„Und dieser Calatrava-Ritter, sag' ich, hatte einen wunderschönen Hund, einen Neufundländer, wiewohl es die noch gar nicht gab, denn es war grade hundert Jahre vor der Entdeckung von Amerika. Einen wunderschönen Hund also, sagen wir wie Rollo . . ."
Rollo schlug an, als er seinen Namen hörte, und wedelte mit dem Schweis.
„Das ging so manchen Tag. Aber das mit der heimlichen Liebe, die Wohl nicht ganz heimlich blieb, das wurde dem Könige doch zu viel, und weil er den schönen Calatrava-Ritter überhaupt nicht recht leiden mochte, — denn er war nicht bloß grausam, er war auch ein Neidhammel, oder wenn das Wort für einen König und noch mehr für meine liebenswürdige Zuhörerin, Frau Efsi, nicht recht passen sollte, wenigstens ein Neidling — so beschloß er, den Calatrava-Ritter für die heimliche Liebe heimlich hinrichten zu lassen."
„Kann ich ihm nicht verdenken."
„Ich weiß doch nicht, meine Gnädigste. Hören Sie nur weiter. Etwas geht schon, aber es war zu viel, der König, sind' ich, ging um ein Erkleckliches zu weit. Er heuchelte nämlich, daß er, dem Ritter wegen seiner Kriegsund Heldenthaten ein Fest veranstalten wolle, und da gab es denn eine lange, lange Tafel, und alle Granden des Reichs saßen an dieser Tafel, und in der Mitte saß der König und ihm gegenüber war der Platz für den, dem dies alles galt, also für den Calatrava-Ritter, für den an diesem Tage zu Feiernden. Und weil Der, trotzdem man schon eine ganze Weile seiner gewartet hatte, noch immer nicht kommen wollte, so mußte schließlich die Festlichkeit ohne ihn begonnen werden, und es blieb ein leerer Platz — ein leerer Platz gerade gegenüber dem König."
„Und nun?"
„Und nun denken Sie, meine gnädigste Frau, wie der König, dieser Pedro, sich eben erheben will, um gleißnerisch sein Bedauern auszusprechen, daß sein „lieber Gast" noch immer fehle, da hört man auf der Treppe draußen einen Aufschrei der entsetzten Dienerschaften, und ehe noch irgend wer weiß, was geschehen ist, jagt etwas an der langen Festestafel entlang, und nun springt es aus den Stuhl und setzt ein abgeschlagenes Haupt auf den leergebliebenen Platz, und über eben dieses Haupt hinweg starrt Rollo auf sein Gegenüber, den König. Rollo hatte seinen Herrn aus seinem letzten Gange begleitet und im selben Augenblicke, wo das Beil fiel, hatte das treue Thier das fallende Haupt gepackt, und da war er nun, unser Freund Rollo, an der langen Festestafel und verklagte den königlichen Mörder."
Efsi war ganz still geworden. Endlich sagte sie: „Crampas, das ist in seiner Art sehr schön, und weil es sehr schön ist, will ich es Ihnen verzeihen. Aber Sie könnten doch Bess'res und zugleich mir Lieberes thun, wenn Sie mir andere Geschichten erzählten. Auch von Heine. Heine wird doch nicht bloß von Vitzliputzli und Don Pedro und Ihrem Rollo — denn meiner hätte so was nicht gethan — gedichtet haben. Komm, Rollo! Armes Thier, ich
Deutschs Rundschau. XXI, 3. 23