Heft 
(1894) 81
Seite
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Die Nordlandreise des Deutschen Kaiserpaares im Jahre 1894.

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Der Besuch des Lyse-Fjord fand am Nachmittag des vierten Juli statt. Am Vormittag desselben Tages hatte sich die Kaiserin in Stavanger an Land begeben, um einen Erholungs-Spaziergang nach der Seefahrt zu unternehmen; deshalb unterblieb die Besichtigung des alten Doms. Derselbe besitzt nur kleine Dimensionen, sein Inneres jedoch, mit den gedrungenen schwarzgrauen Säulen und den in dickes Mauerwerk eingelassenen romanischen Bogenfenstern, veranlaßt zu ernster Stimmung.

Der Himmel war bezogen, die Luft schwül, die Straße staubig, der Landungsplatz mit Erwachsenen und Kindern erfüllt, so daß dieser erste Besuch des Landes der hohen Frau keine Vorstellung von dem geben konnte, was nun bald in reichem Maße geboten werden sollte, und wovon die Fahrt durch den Lyse-Fjord das würdige Vorspiel war.

Der Kaiser hatte das Schiff nicht verlassen, weil bereits in Stavanger der erste Courier abgefertigt wurde. Dieser Umstand ist für Seine Majestät gleich­bedeutend mit unerbittlicher Nothwendigkeit. Das Leben eines großen Reiches ruht eben nie, und in einem monarchischen Staat ist der Herzschlag dieses Lebens an die Person des Souveräns geknüpft.

III.

Die Bedingungen, unter denen sich die fünfte Nordland-Fahrt vollzog, waren so glückliche, daß sie besonderer Erwähnung verdienen. Deshalb muß hier zunächst das Schiff genannt werden, die erst seit fünfzehn Monaten fertig gestellte JachtHohenzollern"; sie trug nicht nur die Kaiserin, sondern auch den Kaiser zum ersten Male nach Norwegen. Die ersten vier Reisen waren auch auf einerHohenzollern" ausgeführt worden, aber diefe verlor ihren Namen mit der Taufe des neuen Schiffes und heißt jetztKaiseradler"; indeß wird sie von den alten Fahrtgenossen meist dieAlte Hohenzollern" genannt.

Das neue Fahrzeug ist zu dem Zweck erbaut worden, den erhöhten An­forderungen zu dienen, welche der Kaiser an die Marine und an sich selbst stellt, als obersten Kriegsherrn des Heeres wie der Flotte. Die Jnspectionen und die Abnahme der Flotten-Manöver erheischten nicht nur ein schnelles Schiff, von dem Charakter der Avisos, sondern auch ein so eingerichtetes, daß eine der Machtstellung des Deutschen Kaisers entsprechende Repräsentation ermöglicht wurde. Die Vereinigung beider Bedingungen ward begreiflicher Weise durch kein Schiff der Marine erfüllt; es mußte also eines erbaut werden. Bei der Parlaments-Verhandlung, welche durch die Einstellung dieses Postens in das Budget der Marine veranlaßt wurde, hat gerade Süddeutschland mit feinem Takt den Bau als eine Ehrenpflicht gegen den Deutschen Kaiser bezeichnet.

Das Schiff wurde in der Zeit vom 27. Juli 1891 bis 4. April 1893, an welchem Tage die Abnahme erfolgte, auf der Werft desVulcan" erbaut, lief am 27. Juni 1892 vom Stapel und wurde an demselben Tage von Seiner Majestät dem Kaiser auf den NamenHohenzollern" getauft. Vom 1. bis 3. April 1893 machte es seine Probefahrt und hat sich feit jener Zeit glänzend bewährt. Die Jacht steht in ihrer Art einzig da, sowohl durch ihre Leistungen, wie durch die zweckentsprechende Schönheit ihrer Einrichtung.