Heft 
(1894) 81
Seite
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Die Nordlandreise des Deutschen Kaiserpaares im Jahre 1894.

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fehlende Strecke von zehn Kilometern wurde in wenig mehr als anderthalb Stunden zurückgelegt. Es war glühend heiß, die Sonne sandte ihre Strahlen direct und von den Felsen reslectirt hernieder, kein Fußpfad lief neben der Wagenstraße her, und wo Seitenbäche mündeten, breiteten sich Geröllselder aus, über welche die Kaiserin so leicht dahinschritt, als wären sie nicht vor­handen.

Als der Fjord und die weißleuchtendeHohenzollern" in Sicht kamen, murmelte ich im Stillen ein dankbares Thalatta, Thalatta.

Die Majestäten begaben sich sofort an Bord. Als eine Stunde später die Anker gelichtet wurden, erschien die Kaiserin bereits Wieder auf dem Deck.

Die Fahrt durch den Naerö-Fjord begann und entrollte Bilder von düsterer Großartigkeit; er ist die natürliche Fortsetzung des gleichnamigen Thals und ein linker Seitenarm des großen Sogne-Fjord. Diesen durchschnitten wir, liefen in den Fjärlands-Fjord ein und gingen bei Mundal vor Anker.

Von hier aus wurde am folgenden Tage, dem elften Juli, ein Ausflug zu dem Suphelle-Brae unternommen, einem der vielen Gletscher, welchen das Firnplateau von Jostedal-Brae Entstehung gibt. Er stößt bemerkenswerth weit vor und endet erst in einem Niveau von fünfzig Metern. Unebenes Schutt­terrain, gebildet aus Resten alter Steinmoränen, umgibt seinen Fuß, und von hier betrachtete die Kaiserin die abschüssigen Eismassen. Der Besuch erforderte verhältnißmäßig kurze Zeit und wurde Nachmittags ausgeführt unter drohenden Wetteranzeichen. Zum Glück fiel kein Regen, aber ein Umschlag der Witterung war eingeleitet; und es herrschte eine Art Föhnlust. In meiner Kammer, deren große Pforte nie geschlossen wurde, las ich 2IU2 Grad 0 . ab.

Die Reise sollte nun westwärts gehen bis zur Mündung des Fjords, dann südwärts bis Bergen. Gerade der Sogne-Fjord ist bekannt dadurch, daß die Niederschläge mit der Annäherung an die Küste stärker und häufiger werden; mit anderen Worten, wir konnten mit Sicherheit auf Regenwetter rechnen, das ja auch für Bergen sprichwörtlich ist.

Immerhin hinderten die Wolken nicht, daß man eine richtige Vorstellung von der Landschaft des Sogne-Fjords erhielt, und von Neuem empfand ich, daß die Gebirge des Jostedal den Usern und Seitenthälern eine Größe geben, welche Hardanger nicht besitzt.

Als dieHohenzollern" am Abend des zwölften Juli in Bergen einlies, war es stürmisch und regnerisch, und der Kaiser bedauerte, daß Ihre Majestät weder von der schönen Einfahrt noch von der schönen Lage Bergens den rechten Eindruck hatte gewinnen können.

In der Frühe des folgenden Tages lief der Hamburger DampferAugusta Victoria" ein und paradirte vor der hohen Frau, deren Namen er trägt. Das Schiff war auf einer Nordland-Fahrt begriffen und hatte sehr viele Passagiere an Bord. Einer derselben, der Reichstags-Vicepräsident vr. Bürklin, wurde zur Tafel gezogen.

Nachmittags durste der Pelzhändler Brandt eine Collection seiner besten Stücke in dem Salon der Kaiserin vorlegen. Feines Pelzwerk besitzt für mich eine Art von Poesie; die schwierige Beschaffung aus kalten Einöden, der Glanz,