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Deutsche Rundschau.
das Wärmende, das vornehm Schmückende und die Höhe des Preises lassen es entweder begehrenswerth erscheinen oder bieten dem neidlosen Beschauer den Genuß einer echten Augenweide. Unter so vielen Kostbarkeiten die rechte Wahl zu treffen, das mochte nicht leicht sein; aber sie wurde getroffen; und wenn es Dinge gab, würdig, als Erinnerungszeichen an diese Reise zu dienen, so waren es die Pelze, welche der Kaiser seiner Gemahlin als Geschenk auswählte.
Für die Kaiserin nahte die Nordlandreise nunmehr ihrem Ende; sie sollte in Trondhjem ihren Abschluß finden und die Fahrt dorthin, durch die Schären- fiur der vielgestaltigen Küste, direct gemacht werden.
Dennoch trat eine schöne Unterbrechung dadurch ein, daß der Kaiser die Einfahrt in den Molde-Fjord befahl. Unmittelbar nach Ankunst des Couriers war die „Hohenzollern" am Morgen des vierzehnten Juli in See gegangen. Dieser Tag hatte für das Kaiser-Paar eine besondere Bedeutung; denn an ihm vollendete der drittälteste Sohn das zehnte Lebensjahr und trat damit in die Marine ein. Mag es ein gutes Omen sür Prinz Adalbert werden, daß seine Kaiserliche Mutter ihm ihre Segenswünsche von Bord eines Schiffes auf glücklicher Fahrt sandte.
Das Wetter wurde nun wieder gut, und die oft stürmische Umschisfung von Cap Statt ging bei geringer Dünung von Statten. Am Morgen des fünfzehnten Juli — es war ein Sonntag — hatte die „Hohenzollern" bereits vor Molde Anker geworfen, und die glänzende, von südlichen Reizen umspielte Landschaft dehnte sich weithin aus unter dem Zauber eines heiteren Tages. Die Glocke rief zur Kirche, auf dem Lande, wie aus dem Schiff, und der Kaiser hielt den Gottesdienst ab vor der Kaiserin und der andächtigen Menge.
Als das Schlußlied gesungen war und die Feier ihr Ende erreicht hatte, ging die „Hohenzollern" wieder in See, zunächst nach Vaeblungsnaes, wo das Romsdal mündet. In dieses wurde der letzte Ausflug unternommen. Der Weg führte durch jenen berühmten Durchschnitt des Gebirges, wo das Romsdal- Horn und die Troll-Tinder einander mit Felswänden von 1500—1800 in Höhe gegenüberstehen. In Horgheim wurde der Thee genommen, und wenige Stunden später war die „Hohenzollern" bereits wieder in der Fahrt nach der alten Krönungsstadt Trondhjem, wo die Ankunft am Morgen des sechzehnten Juli erfolgte.
Trondhjem bietet keine andere Sehenswürdigkeit als den Dom, der — seit Jahren im Ausbau begriffen — sür Norwegen eine ähnliche Rolle spielt, wie einst der Kölner Dom sür Deutschland.
Dadurch, daß die überwiegende Zahl aller Häuser und selbst die Kirchen aus Holz gemacht werden, noch dazu Bretter dabei die Hauptrolle spielen, kann von einer Entwicklung der Architektur in Norwegen kaum die Rede sein. Die alte Bauernschaft besaß zwar Häuser aus Balken, mit denen sich eine architektonische Idee ausdrücken ließ, und die, ihres originellen Aussehens wegen, von reichen Leuten vergrößert nachgeahmt werden; desgleichen existirten sogenannte Stave-Kirker (Balken-Kirchen), aber die Neuzeit baut vornehmlich mit Brettern und bedient sich der Balken nur so weit, wie es die Stabilität erfordert. Die Folge ist, daß gerade die Städte ein einförmiges und lang-