Tie Nordlandreise des Deutschen Kaiserpaares im Jahre 1894.
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Hart am Ufer liegt ein kleines Schutzhaus, welches der Kaiser indeß nicht betrat; denn auf einem Felsen über der Straße war ein Zelt aufgeschlagen und daneben eine Feldküche improvifirt worden.
Der Ausflug fesselte das Interesse Seiner Majestät deshalb besonders, weil er mitten hineinsührte in das norwegische Hochgebirge; und die Frage lag nahe, wie Wohl die Fortsetzung des Weges sich gestalten würde. Zur Beantwortung dieser Frage detachirte mich der Kaiser und bestimmte, daß ich am folgenden Tage von Merok aus über Land gehen und die „Hohenzollern" erst in Olden wieder erreichen sollte.
Den Weg vom Djub-Vand bis zum Geiranger-Fjord (17—18 Kilometer) legte Seine Majestät ganz zu Fuß zurück, und zwar in zweidreiviertel Stunden. Ein so schnelles Marschtempo ist nicht Jedermanns Sache, und allmälig bevölkerten sich die leer gebliebenen Karriols, welche in langer Reihe und angemessener Entfernung hinter dem Kaiser herfuhren; ich gehörte auch zu den Missethätern- Der Kaiser sah uns, denn die vielen Windungen wurden zum Verräther, und lächelte!
Am folgenden Morgen, Sonntag den zweiundzwanzigsten Juli, ging die Kaiserliche Jacht wieder in See und lief Abends in den südlicher gelegenen Nord-Fjord ein. Vor Oldören, dem am meisten landein gelegenen Punkte, wurde Anker geworfen.
In keinem anderen Theile Norwegens hatten die bisher ausgeführten Nordlandfahrten so sehr unter schlechtem Wetter leiden müssen, wie in diesem. Zweimal bereits hatte Seine Majestät längere Zeit hier verweilt. Jedesmal strömte der Regen nieder, wenn der Kaiser den Briksdals-Brae besuchte; und wiederum stand der Besuch dieses Gletschers aus dem Programm. Um die Chancen so günstig wie möglich zu gestalten, wurde dieses Mal ein Aufenthalt von sechs Tagen vorgesehen; zwei davon waren verstrichen, als ich von meiner Recognoscirung an Bord zurückkehrte.
X.
Kurz ehe die „Hohenzollern" den Anker vor Merok ausnahm, hatte ich meine Fahrt angetreten und legte nun zum dritten Mal in vier Tagen denselben Weg zurück. Heute sah es recht trübe aus, und als ich im Sprühregen von meinem Karriol aus die Kaiserliche Jacht durch den Geiranger-Fjord dampfen und hinter Felslinien verschwinden sah, da beschlich mich das Gefühl der Vereinsamung. Bald aber wandten sich die Gedanken dem Studium der Landschaft zu, deren fesselnde Züge ich sestzuhalten strebte.
An dem ersten Reisetage gelangte ich bis Grotlid, das nur 41 Kilometer entfernt liegt. Der Weg dorthin senkt sich vom Djub-Vand aus nur unbedeutend und kann in zweieinhalb Stunden zurückgelegt werden, weil die Straße durchweg gut ist. Man erhält dabei einen erschöpfenden Einblick in die großartige Monotonie des norwegischen Fjelds: alle Prosillinien sind lang gezogen und sanft gewellt, nirgendwo eckige Formen, die Hänge bedeckt mit Zebraschnee. Die breite, weithin übersehbare Mulde, in welcher der Weg verläuft, ist zum Theil von Seen erfüllt, deren höchstgelegener der Djub-Vand