Heft 
(1894) 81
Seite
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Deutsche Rundschau.

Auf dem Gipfel trennte ich mich von meinen Gefährten, weil ich noch eine zweite Seite der Cecilienkrone kennen zu lernen wünschte; sie stiegen auf dem bereits bekannten Wege ab, während ich den Fuß des Berges über^die Felsen zu gewinnen beabsichtigte, welche dem Olden-See direct zugewandt sind. Einer der drei Norweger kam mit mir. Besondere Schwierigkeiten waren trotz der Steilheit nicht vorhanden, weil die horizontale Schichtung der Gneiß- bänke treppenartige Bildungen zur Folge hat. Ab und an mußte Wohl auch ein Schneefeld traversirt werden. Hier verlangte die Unterhöhlung durch Wasserläufe Vorsicht. Aber wer übte diese nicht gerne, wenn er viele Menschen durch eigene Schuld im Gebirge hat zu Grunde gehen sehen?

Der Abstieg war landschaftlich von großer Schönheit, besonders durch die Niederblicke aus den See. Das tiesstgelegene Schneefeld lag 900 m hoch; bald hörte die Felsregion auf, und über erlen-bestandene Hänge führte der Weg an das untere Ende des Olden-Vand. Nach 3^/4 Stunden war ich in der Thal­sohle angelangt; dreißig Minuten später trafen Graf Görtz und vr. Arimont ein. Wir fuhren über das Eyd nach Oldören und kehrten gegen neun Uhr Abends an Bord zurück. Der Herr Hausmarschall hatte väterlich für uns gesorgt; unser Tisch war bereits gedeckt. Wir durften uns auch nicht erheben, als der Kaiser erschien, sich niederließ und genauen Bericht forderte.

XIII.

Am achtundzwanzigsten Juli, dem Tage vor der Abfahrt nach Bergen, wurde die Abendmahlzeit im Freien genommen, aus grüner Wiese am User des Fjord. Später versammelte sich Jung und Alt, Männer, Frauen und Kinder. Die Knaben mußten allerhand Spiele ausführen und wurden vom Kaiser durch Preise belohnt. Auch ließ Seine Majestät den Armen von Oldören zur Erinnerung an seinen Aufenthalt ein größeres Geldgeschenk überweisen.

Am Abend des neunundzwanzigsten Juli lies dieHohenzollern" bei wolkenlosem Himmel in Bergen ein. Am folgenden Tage begab sich Seine Majestät an Land, besuchte Kongshall, d. h. die Königshalle, und erstieg den schönen Aussichtspunkt des Floi-Fjeld. Dem Botschafter Grasen Eulenburg, welcher uns am Nachmittag verließ, um von Odde über Land nach Schweden zu reisen, gab der Kaiser das Geleite zu dem bereit gestellten Torpedoboot.

Dem Besuch in Bergen verdankt das Königliche Museum für Völkerkunde in Berlin eine ebenso seltene, wie originelle Erwerbung. Der Director des genannten Museums, vr. Bastian, hatte gehört, daß es im Bergen-District eine Bucht gäbe, wo Wale mit der Armbrust getödtet würden, entsprechend einer Ueberlieferung aus uralten Zeiten. Er bat mich vor meiner Abreise nach Nor­wegen, Erkundigungen darüber in Bergen einzuziehen. Die Sache erschien mir so phantastisch, daß ich ihr nur geringen Glauben beimaß. Um so mehr war ich erstaunt, als der erste Custos des Museums mir eine solche Armbrust zeigte und die Richtigkeit der Sache bestätigte. In der That wird in der Skogsvaag-Bucht bei Bergen eine bestimmte Wal-Art (Lalasnoptora rostrata) mit Pfeilen geschossen, welche einen Holzschast besitzen und aus dem Wasser schwimmen. Es verirren sich nämlich fast in jedem Jahre einzelne kleine